Großdemo pro Erdogan Wasserwerfer stehen bereit

Sonntag ist Erdogan-Tag in Köln: Mehr als 30.000 Menschen werden erwartet, 13 Polizeihundertschaften versuchen, Erdogan-Fans und Kurden, Links- und Rechtsextreme auseinanderzuhalten. Der Überblick.
Deutzer Werft

Deutzer Werft

Foto: Oliver Berg/ dpa

Wie läuft die Demonstration für Erdogan?

Die zentrale Pro-Erdogan-Demonstration findet auf dem rechten Rheinufer in Köln-Deutz statt, sie soll um 15 Uhr beginnen. Ein Umzug ist nicht geplant. Aus Sicht der Polizeikräfte eine gute Lösung: Der Kölner Volksfestplatz an der Deutzer Werft lässt sich nach Ansicht der Sicherheitsorgane gut überwachen, Ein- und Ausgänge lassen sich gut kontrollieren.

Wer steckt hinter der Pro-Erdogan-Demo?

Angemeldet hat die Kundgebung der Verein UETD, die Union Europäisch-Türkischer Demokraten e.V. Er gilt als Lobbyorganisation von Erdogans religiös-konservativer Partei AKP. Ihr Sprecher hatte vergangene Woche angekündigt, die Veranstaltung solle "Gräben zuschütten" - doch als Versöhner sind Erdogan und seine Anhänger bislang nicht bekannt. Die Türkei ist gespalten, auch in Deutschland stehen sich viele Erdogan-Anhänger und Gegner unversöhnlich gegenüber.

Tritt Erdogan selbst auf?

Angekündigt ist das nicht. Eigentlich war geplant, den türkischen Machthaber live auf eine Großleinwand zu übertragen. Das Vorhaben wurde jedoch am Samstag vom Oberverwaltungsgericht Münster untersagt. Begründung: Übertragungen aus dem Ausland sind mit dem deutschen Versammlungsrecht nicht vereinbar. Der Anmelder der Demonstration hat am Samstag das Bundesverfassungsgericht in dieser Frage eingeschaltet. Ein Gerichts-Sprecher bestätigte, es sei ein Antrag in Bezug auf die in Köln geplante Versammlung eingegangen.

Ein Mitglied der AKP-Regierung wird aber da sein: Der türkische Sportminister werde sprechen, sagte Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies am Samstag. Einen Auftritt des türkischen Außenministers habe er verhindern können.

Und wer demonstriert dagegen?

Insgesamt vier Gegendemonstrationen sind angemeldet. Die größte ist die von mehreren Parteijugendorganisationen (u.a. Jusos, Grüne Jugend, Linksjugend) unter dem Motto "Erdowahn stoppen". Ebenfalls angemeldet hat die Initiative "Köln gegen Rechts". Außerdem haben eine Gruppe namens "Internationale Krefelder" sowie die rechtsextreme Partei Pro NRW je eine Veranstaltung rechts des Rheins angemeldet - nur wenige hundert Meter von der Pro-Erdogan-Kundgebung entfernt.

Es wird befürchtet, dass sich islamfeindliche Hooligans den fremdenfeindlichen Demos anschließen könnten. Zusammenstöße zwischen Autonomen, Rechtsextremen und Gegendemonstranten sowie mit Erdogan-Anhängern könnte es ebenfalls geben. Kurdische Gruppen hatten von offiziellen Protesten Abstand genommen, man wolle die Erdogan-Anhänger mit einer offiziellen Demonstration "nicht aufwerten".

Was ist mit rechten Gegendemonstranten?

Die Demonstration der rechtsextremen Partei Pro NRW wollte die Kölner Polizei verbieten lassen, scheiterte damit aber vor Gericht. Pro NRW feiert das als Sieg für die Meinungsfreiheit - und verhandelt nun mit der Polizei über den Veranstaltungsort.

Das Problem: Ursprünglich wollten die fremdenfeindlichen Demonstranten am Ottoplatz vor dem Bahnhof Köln-Deutz starten und dann direkt am Gelände der Pro-Erdogan-Demo vorbei über eine Rheinbrücke in die linksrheinische Innenstadt ziehen. Über Route und Veranstaltungsort wurde auch am Sonntagmittag noch diskutiert, heißt es bei der Kölner Polizei.

Letzter Stand: Pro NRW startet am Breslauer Platz hinter dem Kölner Hauptbahnhof und läuft durch die linksrheinische Innenstadt. Die Deutzer Brücke, an deren rechtsrheinischem Ende die Erdogan-Demo stattfindet, ist in beiden Richtungen für Personen und Fahrzeuge gesperrt.

Wie viele Personen werden erwartet?

Zu Beginn gingen die Pro-Erdogan-Veranstalter von 15.000 Menschen aus, die aus dem gesamten Bundesgebiet anreisen - ähnlich wie bei Erdogan-Wahlkampfshows in Düsseldorf 2011 und in Köln vor zwei Jahren. Jetzt ist von bis zu 30.000 Erdogan-Unterstützern die Rede. Bei den Gegendemonstrationen von links und rechts werden zusammengenommen etwa zwei- bis dreitausend Teilnehmer erwartet.

Wie bereitet sich die Polizei vor?

Die Polizei hofft auf friedliche Demonstranten - doch die Lage ist komplex und angespannt, das Personalaufkommen gewaltig: Elf Hundertschaften aus NRW werden in Köln zusammengezogen, zwei weitere sind aus andere Bundesländern unterwegs an den Rhein. Die Zahl der geplanten Einsatzkräfte war ursprünglich mit 2300 geplant - wurde am Samstag aber auf 2700 erhöht. Er sei "zuversichtlich, dass Köln morgen einen friedlichen Tag erlebt", sagte Polizeipräsident Mathies.

Erschwerend kommt hinzu: Die Konfliktlinien verlaufen nicht nur zwischen pro und kontra Erdogan. Im Lager der Gegner träfen "unterschiedliche politische Gesinnungen aufeinander", so eine Sprecherin der Kölner Polizei. Mindestens acht Wasserwerfer stehen bereit, um Gewalttäter zu bekämpfen. Rheinbrücken könnten geschlossen werden, um rivalisierende Gruppen voneinander getrennt zu halten. Für möglich halten es die Kölner Sicherheitsexperten, dass sich Anhänger kurdischer Verbände unter andere Demonstrationen mischen. Hier könne es sehr schnell zu Gewalt kommen, wenn die verfeindeten Gruppen aufeinanderträfen, fürchtet die Polizei.

Wer demonstriert wo?

Am Heumarkt auf der linken Rheinseite demonstrieren linke Jugendorganisationen gegen "Erdowahn". Rechts des Rheins, auf dem Kirmesgelände an der Deutzer Werft, steigt die Pro-Erdogan-Kundgebung.

Lesen Sie außerdem einen Kommentar über die schlappe Erdogan-Satire in der aktuellen "Titanic":

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren