Kritischer Journalist
Erdogan verlangt Auslieferung von Dündar
Provokation während des Deutschlandbesuchs des türkischen Präsidenten: Ankara fordert von der Bundesregierung die Auslieferung des regierungskritischen Journalisten Can Dündar.
Die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat Berichten zufolge die Auslieferung des bekannten Journalisten Can Dündar aus Deutschland beantragt. Eine entsprechende Verbalnote sei am Montag beim Auswärtigen Amt eingegangen, berichteten NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung".
Darin bitte die türkische Botschaft um die Festnahme und Auslieferung von Dündar wegen Spionage, Verrat von Staatsgeheimnissen und Propaganda. Der Vorgang wurde dem SPIEGEL aus Koalitionskreisen bestätigt. Die Verbalnote wurde von türkischer Seite am 24. September dem Auswärtigen Amt übergeben und wird derzeit vom Bundesjustizministerium geprüft. Wie es aus Koalitionskreisen weiter hieß, wird nicht mit einer Auslieferung Dündars an die Türkei gerechnet.
Dündar war 2015 wegen eines Berichts über verdeckte Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an islamistische Rebellen in Syrien angeklagt worden. Die Anklage wertete den Bericht als Geheimnisverrat. Im Mai 2016 wurde er zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt, im Juli 2016 ging er ins Exil nach Deutschland. Dündars Frau lebt weiter in der Türkei, darf aber nicht ausreisen.
Erdogan war am Donnerstag zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Deutschland eingetroffen, am Freitag kommt er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen.