Rechtsextreme Strategie NPD und DVU gemeinsam gegen die Republik

Im thüringischen Leinefelde besiegelten die Vorsitzenden von NPD und DVU, Udo Voigt und Gerhard Frey, das rechtsextreme Wahlbündnis. Differenzen wurden mühsam kaschiert. In der Sache wollen beide die demokratisch verfasste Republik abschaffen.
Von Matthias Gebauer und Yassin Musharbash

Auf das, was die NPD für gute Tradition hält, wollte die rechtsextreme Partei auch auf diesem "historischen Parteitag" (Parteichef Udo Voigt) nicht verzichten. Zum Abschluss des straff organisierten Konvents erhoben sich die Delegierten und sangen gemeinsam die Nationalhymne - inklusive der ersten beiden Strophen, die seit der NS-Zeit nicht mehr intoniert werden. Das Absingen der ersten Strophe, das mit den Zeilen "Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt" beginnt, ist zwar nicht strafbar - unter den demokratischen Parteien gilt es jedoch als ungeschriebenes Gesetz, auf die nationalistischen Töne zu verzichten.

Auf dem Podium stand neben dem wiedergewählten Parteichef Udo Voigt und dessen Stellvertreter, dem sächsischen NPD-Fraktionschef Holger Apfel, ein ganz besonderer Gast: Gerhard Frey. Der allein herrschende Chef über die rechtsextreme Deutsche Volks-Union (DVU) aus München stimmte inbrünstig mit ein, als sich die NPD-Anhänger von den Stühlen erhoben.

Freys Besuch bei der NPD war das Symbol des Sonntags. Ins thüringische Leinefelde - dessen Stadtoberen sich erfolglos vor Gericht gegen die Abhaltung des Parteitages gewehrt hatten - war er gereist, um den kürzlich beschlossenen Schulterschluss zwischen NPD und DVU auch bildmächtig zu besiegeln.

Dementsprechend siegesgewiss drückte er am Ende seinem neuen Kollegen Udo Voigt und dessen Stellvertreter Holger Apfel die Hand auf der Bühne.

Die Parole für die kommenden Monate bläute Voigt seinen Anhängern am Sonntag erneut ein. "Gemeinsam sind wir stark", rief er in seiner Abschlussrede den Delegierten der NPD zu. Schon am Samstag hatte er das Bündnis zum Ausgangspunkt einer "Volksfront von rechts" erklärt. DVU und NPD haben sich geeinigt, bei kommenden Wahlen bis auf weiteres nicht mehr gegeneinander zu kandidieren. Stattdessen, so das Kalkül der Rechtsextremisten, soll der Einzug in die Parlamente dadurch gelingen, dass jeweils nur eine der beiden Parteien antritt - und Kandidaten der verbündeten Partei auf ihre Liste aufnimmt. In den Worten von Voigt hört sich das so an: "Organisierter Wille ist Macht!"

Ausländerfeindlichkeit als gemeinsames Band

Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg vor wenigen Wochen hatte diese Allianz ihre erste Bewährungsprobe bestanden: In Potsdam gelang der Frey-Partei, in Dresden den Voigt-Anhängern der Einzug in den Landtag. Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Februar 2005 und bei der Bundestagswahl 2006 soll nun die NPD antreten, mit DVU-Vertretern zwischen NPD-Kandidaten. Bei der Europawahl im Jahr 2009 soll dann die DVU den Vortritt erhalten, um den Rechtsextremen auch einen Einzug in das Parlament zu sichern, das sie das gesamte Wochenende lang für obsolet erklärten, da es den deutschen Nationalstaat nur gängele und ausplündere. Ohnehin wurde bis in die Sprache hinein deutlich, was die Vertreter der NPD von dieser Republik halten. Reichstag statt Bundestag, Reichshauptstadt statt Bundeshauptstadt - das waren die immer wieder benutzte Vokabeln.

Auf einer Pressekonferenz in einem stickigen Nebenraum der Tagungs-Turnhalle stellten Frey und Voigt nach dem Ende des Parteitags, die neu gewonnene Einigkeit der früher zerstrittenen Parteien zur Schau. Die Szenerie war durchaus denkwürdig, schließlich gilt Frey als medienscheu und überdies bisher als erklärter Widersacher Voigts. Im Angesicht der Chancen auf politische Posten aber kamen sich die beiden in den letzten Wochen näher, auch wenn die Allianz immer ein Zweckbündnis bleiben wird.

Über die großen Linien bestehe absolute Eintracht, behaupteten beide. Das Thema Nationalsozialismus intonierten die Parteichefs auf ihre spezielle Weise: "Wir müssen einen größtmöglichen Abstand zum Nazismus und Neonazismus halten", so Frey. "Wir haben damit nichts zu tun," behauptete er. NPD-Chef Udo Voigt formuierte: Der "historische Nationalsozialismus" sei tot, aber "nationalen Sozialisten" stehe es frei, zur NPD zu kommen.

Inhaltich beschränkte sich der gemeinsame Vorrat auf eine aggressive Ausländerfeindlichkeit. Daneben fielen beiden überall im rechtsextremen Milieu verbreitete Allgemeinplätze ein: Deutschland sei nach wie vor ein Land unter Besatzung und habe eine eigentlich ungültige Verfassung, zu deren Legitimierung eine Volksabstimmung durchzuführen sei. Ferner wende man sich gegen die Globalisierung und die "Besudelung der deutschen Soldatenehre".

"Es zählt, was uns eint"

Dass die beiden Rechtsextremisten Voigt und Frey derweil in grundsätzlichen Fragen keine gemeinsame Ansicht haben, versuchten beide zu überdecken. DVU-Chef Frey wich entsprechenden Nachfragen gleich mehrmals aus. "Sie machen sich viel zu viel Gedanken um uns", sagte er.

Für die vielen Fragen hatten beide Kandidaten sich eine Formel zurechtgelegt, die kaum aus dem Dilemma half. "Es zählt, was uns eint", wiederholten sie gebetsmühlenartig.

Auch über die Integration der Neonazi-Szene in die NPD ließ sich Frey nicht aus. Er kenne "diesen Heise oder Weise" gar nicht, sagte er. Dabei hätte der DVU-Chef nicht weit schauen müssen. Der prominenteste Neuzugang der NPD, der vorbestrafte Neonazi Thorsten Heise, stand während der Pressekonferenz im Raum.

Erst gestern hatte ihn die NPD als exponierten Vertreter der so genannten "freien Kräfte" in den Bundesvorstand gewählt; mit einem Ergebnis von deutlich über 60 Prozent wird also künftig der Neonazi Heise die Geschicke der NPD mitbestimmen.

Schließen sich die Republikaner an?

Voigt und Frey wissen unterdessen ganz genau, was sie als nächstes konkret erreichen wollen: Beide möchten im Jahr 2006 gemeinsam als Spitzenkandidaten in den Bundestag einziehen. Zu diesem Zweck werde die NPD gemeinsam mit der DVU Plakate mit den Logos beider Parteien kreieren und viele Wahlkampfveranstaltungen zusammen bestreiten.

Um den unheiligen Bund komplett zu machen, will Voigt in den nächsten Wochen am liebsten auch noch die "Republikaner" mit ins Boot holen. Für deren Vorsitzenden Ralf Schlierer hatte NPD-Sprecher Klaus Beier am Sonntag schon ein symbolisches Namensschild mitgebracht. Und sollte der nicht wollen, gab Voigt ziemlich unverblümt zu verstehen, liege es ja in der Hand der Republikaner-Delegierten, Schlierer abzuwählen und einen strafferen Rechtsaußenkurs zu bestimmen.

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