Verfassungsschutz Kubitscheks rechtsradikale Denkfabrik wird zum "Verdachtsfall"

Götz Kubitschek auf einer Demonstration in Cottbus (im Februar 2018)
Foto:Patrick Pleul/ dpa
Das Bundesamt für Verfassungsschutz nimmt den neurechten Vordenker Götz Kubitschek ins Visier. Der Inlandsgeheimdienst hat das von ihm gegründete "Institut für Staatspolitik" (IfS) zum Rechtsextremismus-Verdachtsfall erklärt. Das bestätigte der Verfassungsschutz auf Anfrage. Es lägen "Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" vor, teilte die Behörde mit.
Grund für die Beobachtung sind nach SPIEGEL-Informationen unter anderem Verbindungen des Instituts zum völkischen "Flügel" der AfD sowie weiteren Rechtsextremisten.
Das IfS existiert seit 20 Jahren. Es gilt als wichtige Denkfabrik der "Neuen Rechten" und ist beheimatet auf einem Rittergut im sachsen-anhaltinischen Schnellroda, wo auch Kubitschek und seine Familie wohnen. Neben dem IfS sind dort die Zeitschrift "Sezession" und Kubitscheks Verlag Antaios untergebracht.
Der Verleger und ehemalige Bundeswehroffizier Kubitschek, 49, sieht sich als Teil eines "Widerstandsmilieus". Seine Methode hat er einmal so formuliert: Es gehe darum, "in Grenzbereiche des gerade noch Sagbaren und Machbaren provozierend vorzustoßen".
Kubitschek ist ein Vertrauter des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke. Im Streit über die Ausrichtung der Partei setzt er sich für dessen völkischen "Flügel" ein. Der Verfassungsschutz hat die Strömung im März als "erwiesen extremistisch" eingestuft.
Höcke trat mehrfach bei Veranstaltungen des "Instituts für Staatspolitik" auf, in einer rassistischen Rede schwadronierte er dort über einen "afrikanischen Ausbreitungstyp", der sich vom "europäischen Platzhaltertyp" unterscheide. Schnellroda sei für ihn "eine Oase der geistigen Regeneration", sagte der AfD-Politiker.
Auch weitere Vertreter des völkischen "Flügel" wie Andreas Kalbitz waren Referenten in der rechten Denkfabrik. Geschäftsführer des IfS ist Erik Lehnert, der im Vorstand der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung sitzt.
"Identitäre" als Autoren
Für den Verfassungsschutz von Interesse sind auch Kubitscheks Verbindungen zur "Identitären Bewegung" (IB). Die rechtsextremen Aktivisten gehören sowohl zu den Seminargästen in Schnellroda als auch zu den Autoren seiner Zeitschrift "Sezession". Darunter ist Österreichs IB-Chef Martin Sellner, der wohl einflussreichste "Identitäre" Europas, den Kubitschek als Freund bezeichnet. In Deutschland wird die Gruppe seit 2016 bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet.
"Die Einstufung des IfS als Verdachtsfall belegt, dass meine Behörde sich der 'Neuen Rechten' mit hoher Intensität widmet", teilte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang dem SPIEGEL mit. Kubitscheks Institut versuche, "in den politischen Raum einzuwirken und seine ideologischen Ziele auf diese Weise durchzusetzen", so Haldenwang. "Damit trägt das IfS zu einer gesamtgesellschaftlichen Spaltung bei und begünstigt Radikalisierungstendenzen bis hin zu Legitimierung von Gewalt."
Der Verfassungsschutz kann nun unter bestimmten Umständen auch geheimdienstliche Mittel zur Überwachung der neurechten Denkfabrik einsetzen, bis hin zum Einschleusen von V-Leuten oder dem Abhören von Telefonaten.