Rede vor Europarat Gauck fordert Menschenrechte in Osteuropa ein

Gauck bei seiner Rede vor dem Europarat:
Foto: Parick Seeger/ dpaStraßburg - Bundespräsident Joachim Gauck hat in Straßburg vor allem an die Länder Osteuropas appelliert, ihre Pflicht zur Einhaltung der Menschenrechte ernst zu nehmen. "Rechte und Freiheiten auf dem Papier genügen nicht, sie müssen in der Praxis gewährleistet sein", sagte Gauck am Montag vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Dies gelte für Ost und West gleichermaßen. "Es darf in Europa keine Doppelstandards bei Menschenrechten geben", sagte Gauck.
In der Eurokrise dürfe Deutschland nicht den "Oberlehrer" spielen, sagte Gauck auf besorgte Fragen seiner Zuhörer. Jedoch verteidigte der Bundespräsident sein Land auch gegen das "Wiederaufleben alter Klischees". Zu Vorwürfen, Deutschland wolle eine beherrschende Rolle in Europa spielen, meinte er: "Das ist ganz sicher falsch, das ist nicht so", sagte Gauck zu den Abgeordneten aus 47 Ländern. Dem Europarat ist kein Teil der EU, sondern eine eigenständige Institution. Ihm gehören bis auf Weißrussland und das Kosovo alle Staaten Europas an
Eine der zentralen Aufgaben im Kampf für die Menschenrechte sei das Engagement gegen Rassismus und Intoleranz, sagte Gauck in seiner Rede. Vor allem kritisierte er die Ausgrenzung von Sinti und Roma, erinnerte aber auch an rechtsextreme Gewalttaten in Deutschland und an die NSU-Mordserie.
Bei der Aufklärung der Neonazi-Morde habe es "schreckliche Versäumnisse" gegeben. Die rechtsradikale Gefahr in Deutschland dürfe aber auch nicht überschätzt werden. Jedes Mal seien zehn- oder zwanzigmal so viele Demokraten zur Stelle, wenn Rechtsextremisten sich versammelten. "Uns widern die Rechtsradikalen an", sagte Gauck.
Gauck erinnerte daran, dass der Europarat während der kommunistischen Herrschaft wichtiger Orientierungspunkt für Menschenrechtler und Oppositionelle war. Damals hätten sich manche im Westen schwergetan, Menschenrechtsverletzungen im Osten offen zu benennen. Auch heute gebe es die Meinung, die Verteidigung der Menschenrechte stehe im Widerspruch zu politischen und wirtschaftlichen Interessen. "Das Argument ... vermag heute noch weniger zu überzeugen als damals", sagte Gauck unter Beifall der Abgeordneten.