Regelung für Führungsjobs Unions-Frauen zoffen sich über die Quote

Ministerinnen Schröder und von der Leyen mit Kanzlerin Merkel: Wer will welche Quote?
Foto: REUTERSBerlin - Klar, sie hat es nicht leicht mit dieser Kollegin. Bundesfamilienministerin dürfte sich mit so vorkommen wie der Igel in der Geschichte mit dem Hasen: Wo immer die CDU-Politikerin hinkommt, ihre Parteifreundin und Ministerkollegin ist schon da. Von Anfang an: Schröder durfte nur ins Kabinett aufrücken, weil von der Leyen das Familienministerium frei machte und sich des Arbeitsressorts annahm. Aber weil die Arbeitsministerin Familienpolitik unvermindert reizt, wilderte sie auch im neuen Amt ungeniert in Schröders Themenbereich.
Es soll intern deshalb schon mehrfach gekracht haben zwischen den zwei Damen in Angela Merkels Kabinett - aber selten gingen die Ministerinnen öffentlich so auf Konfrontationskurs: Während von der Leyen sich für eine direkte gesetzliche Frauenquote in der deutschen Wirtschaft stark macht, will Schröder höchstens eine freiwillige Regelung.
Die Arbeitsministerin ist mal wieder mächtig vorgeprescht, im SPIEGEL kündigte sie - angesichts der verheerenden Diskrepanz zwischen der Zahl männlicher und weiblicher Führungskräften - einen Gesetzes-Vorschlag noch für dieses Jahr an. Ihr Ziel: ein Frauen-Anteil von 30 Prozent in Aufsichtsräten und Vorständen. Die Kollegin sei übrigens mit im Boot, behauptete von der Leyen: Schröder werde "noch im Frühjahr einen Stufenplan vorlegen", kündigte die Familienministerin an. Und fügte hinzu: "Wir Frauen haben uns besprochen und sind uns einig, dass wir das Thema von mehreren Seiten befeuern müssen."
Schröder und von Leyen feuern gegeneinander
Von Einigkeit und gemeinsamem Befeuern ist in Wirklichkeit jedoch wenig zu erkennen, stattdessen wirkt Schröder so, als feure sie beim Thema Quote gegen die Arbeitsministerin: Eine allgemeine gesetzliche Quote lehne sie ab, betonte die Familienministerin am Montag einmal mehr. Schröder schlägt vor, dass sich Unternehmen selbst eine Frauenquote setzen - zu deren Einhaltung sie dann aber gesetzlich verpflichtet sind. Die Debatte angesichts der unterschiedlichen Quoten werde die Unternehmen dann dazu bringen, glaubt die Ministerin, mehr Frauen in Spitzenjobs zu bringen.
In der Opposition feixt man über den Quoten-Kampf der beiden CDU-Frauen. Die Debatte sei "skurril", sagt Grünen-Chefin Claudia Roth. Ihre Partei fordert sei langem eine Frauen-Quote von 40 Prozent in Führungsjob. Auch in der SPD, deren Parteichef Sigmar Gabriel sich im SPIEGEL-ONLINE-Interview für eine Quote von 40 Prozent in Aufsichtsräten und einer Stufen-Quotierung für Vorstände aussprach, kann man den Streit nicht verstehen. Gesetzliche Quoten seien "überfällig", sagt SPD-Vize Manuela Schwesig. Linken-Chefin Gesine Lötzsch sprach sich am Montag sogar für eine gesetzliche Frauen-Quote von 50 Prozent aus.
Die Kanzlerin, im Moment zu Regierungskonsultationen in Israel unterwegs, kann den Zoff ihrer Ministerinnen eigentlich nicht gutheißen. Zum Glück gibt es genügend Worthülsen, die man in solchen Fällen anwenden kann. Die Kanzlerin halte den Quoten-Streit für eine "normale Diskussion", erklärte also ihre Sprecherin am Montag in Berlin. Einig seien die Ministerinnen doch "im Grundanliegen, dass eine Veränderung notwendig ist".
Dieses Grundanliegen teilt man sogar in der CSU. Dennoch gibt es neben von der Leyen und Schröder seit dem Wochenende noch eine dritte prominente Unions-Position zum Thema Frauen-Quote: Die CSU-Politikerin und bayerische Arbeitsministerin Christine Haderthauer hält nichts von einer generellen Regelung, sie plädiert für eine "Frauenquote aus Überzeugung". Heißt: Unternehmen regeln das selbst. Die CSU-Politikerin sagte SPIEGEL ONLINE: "Im Aufsichtsrat sind schnell ein paar Frauen platziert, aber damit hat man nicht mehr als einen Showeffekt." Frauenförderung werde auf diese Weise zur Alibiveranstaltung, zum "Förderprogramm für Goldröckchen". Einige wenige Vorzeigefrauen würden sich so letztlich eine Vielzahl von Aufsichtsratsmandaten teilen. Haderthauers Idee neben der freiwilligen Quote: eine Berichtspflicht der Betriebe zu Frauenpräsenz und -bezahlung.
Die CSU hat beim Thema Quote dazu gelernt
Wie sich hierzulande die Diskussion um die Frauenquote gerade wandelt, zeigt stellvertretend ein Blick auf die . Liebevoll pflegten die Christsozialen jahrzehntelang den männerdominierten Regionalproporz - aber eine Quotierung für Frauen kam nicht in Frage, weil sozialistisches Teufelszeug. Noch Edmund Stoiber weigerte sich standhaft. Vergangenen Oktober dann die Wende auf dem Parteitag: CSU-Chef Horst Seehofer drückte gegen massive Widerstände eine Frauenquote von 40 Prozent für Parteiführung und Bezirksvorstände durch. Die etablierten Politikerinnen zeigten sich überrascht ob ihres eigenen Sinneswandels: "Dass ich jemals an einem Mikrofon stehe und mich für die Frauenquote ausspreche, habe ich mir nie vorstellen können", sagte CSU-Vize Barbara Stamm. Auch Christine Haderthauer unterstützte die Quote in der Partei.
Aber Partei und Wirtschaft, das sind dann aus CSU-Sicht eben doch noch mal zwei Paar Stiefel.
Wie aber hält es die Bundesregierung mit dem Thema Frauenquote angesichts des Stimmen-Wirrwarrs der Unionistinnen? Im März wolle man die Pläne präzisieren, sagte Merkels Sprecherin am Montag. Zuvor werde man Gespräche mit Vertretern deutscher Unternehmen führen. Das klingt nach dem bewährten Motto: erstmal Zeit gewinnen.
Beim Koalitionspartner dürfte man gegen diese Merkel-Taktik zur Abwechslung nichts haben: Die FDP, das machte Generalsekretär Christian Lindner zum Wochenbeginn deutlich, ist weiterhin strikt gegen eine gesetzliche Frauenquote.