Während Corona-Gipfel
Opposition zitiert Scholz in den Bundestag
Der Bundestag lässt Finanzminister Olaf Scholz ins Parlament kommen. Unterdessen mehren sich die Hinweise, dass das Kanzleramt in sein umstrittenes Angebot an die Trump-Regierung im Gas-Streit mit den USA eingeweiht war.
Das Angebot soll mit den verschiedenen Fachressorts abgestimmt gewesen sein
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Der Bundestag hat Finanzminister Olaf Scholz aus der Corona-Runde mit Bund und Ländern ins Parlament kommen lassen, um an einer laufenden Debatte zur Russland-Politik teilzunehmen. Den Antrag hatten am Mittwoch die Grünen gestellt. Die Bundestagssitzung wurde bis zur Ankunft des Ministers unterbrochen.
Hintergrund ist, dass Scholz den USA ein Milliardenangebot zur Verhinderung von Sanktionen gegen die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 gemacht haben soll. Am Dienstag hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein entsprechendes Dokument veröffentlicht. Demnach hat Scholz (SPD) den USA bis zu einer Milliarde Euro Importförderung für ihr Flüssiggas geboten.
Die USA bekämpfen die Pipeline, weil sie eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen verhindern wollen. Befürworter der Gasleitung werfen den Amerikanern dagegen schon lange vor, nur ihr Flüssiggas in Europa verkaufen zu wollen.
Das Finanzministerium hat das von der DUH veröffentlichte Dokument bisher nicht kommentiert und sich dabei auf die Vertraulichkeit der Verhandlungen mit den USA berufen. Die Grünen wollen das nicht hinnehmen, weil es um Steuergelder geht und der Bundestag die Hoheit über den Bundeshaushalt hat. Außenminister Heiko Maas bezeichnete den Vorgang, Scholz ins Plenum holen zu lassen, als »scheinheiliges Spektakel«.
Maas drohte Russland mit weiteren Sanktionen wegen der Inhaftierung des Kremlkritikers Alexej Nawalny und wegen der Festnahmen bei Protesten im ganzen Land gedroht. Ein Ende von Nord Stream 2 lehnte er ab. «Sanktionen müssen die richtigen treffen. Und in diesem Fall sind das diejenigen, die verantwortlich sind für das repressive Vorgehen der Staatsmacht gegen ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger und nicht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von fast 150 europäische Unternehmen - die meisten davon aus Deutschland.»
Maas verwies auf das «Eskalationspotenzial» eines Stopps bei der Pipeline. Eine völlige wirtschaftliche Isolation Russlands und gleichzeitig auch Chinas bewirke ein Zusammenrücken beider Länder und schaffe letztlich «den größten wirtschaftlichen, militärischen Verbund, den es gibt». Das könne nicht die Strategie des Westens in dieser Auseinandersetzung sein. «Deshalb bin ich dagegen, alle Brücken nach Russland abzuschlagen.»
Die Bundesregierung lehnt eine Stellungnahme ab
Unterdessen mehren sich die Hinweise, dass auch die Bundesregierung und die SPD-Fraktionsspitze in den umstrittenen Vorschlag von Scholz eingebunden waren. Der Brief sei mit den Fachressorts abgestimmt gewesen, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider am Mittwoch in Berlin. Auch das Kanzleramt sei eingebunden gewesen.
»Ich stehe hinter diesem Angebot«, sagte Schneider. Der Bau von Flüssiggas-Terminals sei im Sinne einer Diversifizierung der Gasversorgung sinnvoll, daran sei »nichts Schändliches«, sagte der SPD-Politiker. Er bekräftigte auch seine Unterstützung für Nord Stream 2.
Gleichzeitig kritisierte er das Vorgehen der Opposition. Auf Twitter schrieb er: Während bei den Bund-Länder Gesprächen zu Corona darum gerungen werde, wie es mit Deutschland weitergehen soll, würden die Grünen den Finanzminister gemeinsam mit der AfD ins Plenum kommen lassen, obwohl es da um Menschrechtspolitik in Russland gehe und der Außenminister bereits anwesend sei.
Schneider schrieb, die Grünen seien informiert gewesen, dass aufgrund der schlechten Anreisebedingungen viele Kolleginnen und Kollegen nicht anwesend sein konnten. Mit Blick auf die Dringlichkeit der Corona-Gespräche zwischen Bund und Ländern sagte er: »Das Vorgehen der Grünen ist unfair und dem Ernst der Lage nicht angemessen.«
Die Bundesregierung lehnte am Mittwoch eine Stellungnahme ab. Hier würden vertrauliche Gespräche thematisiert, zu denen die Regierung »grundsätzlich keine Stellung« nehme, sagte Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer. Zum Thema Sanktionen gegen Nord Stream 2 habe es stets einen Austausch mit den USA gegeben und den gebe es auch weiterhin. Dieser Austausch sei aber vertraulich, sagte Demmer. Auch ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sowie eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes wollten sich zu dem Vorgang nicht äußern.