Register für Ausländer Schäubles Fingerabdruck-Offensive provoziert Protest
Berlin - Innenminister Wolfgang Schäuble will die Fingerabdrücke aller Ausländer in Deutschland erfassen und speichern, die nicht aus der EU oder der Schweiz kommen. Dies sieht nach SPIEGEL-Informationen ein Gesetzentwurf des CDU-Politikers vor, der zurzeit zwischen den Ministerien abgestimmt wird. Die Speicherung im Ausländerzentralregister (AZR) soll auch Menschen erfassen, die seit Jahren hier leben, etwa die 1,7 Millionen Türken.
Der Plan provoziert Protest der Opposition. "Damit werden alle Nicht-EU-Bürger unter Generalverdacht gestellt und wie potentielle Terroristen oder Verbrecher behandelt. Der Sicherheitsstaat rüstet hoch und schreibt Bürgerrechte klein", sagte Petra Pau, Innenexpertin der Linksfraktion.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, nannte die Pläne unbegründet und unverhältnismäßig. "Die SPD und die Bundesjustizministerium sind aufgefordert, solche Pläne unverzüglich zu stoppen." Beck sieht einen "erneuten Versuch des Innenministeriums, ganze Bevölkerungsgruppen so zu behandeln, wie es heute nach der Strafprozessordnung für Beschuldigte nur unter bestimmten Bedingungen möglich ist".
Nach SPIEGEL-Informationen steht Schäuble auch vor Widerstand von Kabinettskollegen und dem Koalitionspartner SPD. Es gebe ganz erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Wer ein Visum für die Einreise nach Deutschland in einer Botschaft beantragt, muss den Plänen zufolge ebenfalls seine Fingerabdrücke hinterlegen - das Verfahren ist bereits in einzelnen deutschen Botschaften getestet worden. Schäubles Vorstoß erfolgt vor dem Hintergrund ähnlicher Bestrebungen auf EU-Ebene, die sich aber hinziehen.
SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz bestätigte die Pläne und nannte die geplante Datei "grundsätzlich richtig". Er sagte der Nachrichtenagentur dpa, wie die Regelungen am Ende konkret aussehen, sei noch "völlig in der Schwebe" und müsse sorgfältig beraten werden. In einigen Punkten gebe es noch "erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken".
Schäubles Sprecherin Gabriele Hermani sagte zu den Plänen: "Die Bundesregierung unternimmt seit längerem Bemühungen, dem Missbrauch von Visa und der Nutzung falscher Identitäten für kriminelle Zwecke zu begegnen." Hierzu gehöre Visa-Informationssystem auf EU-Ebene sowie der Vorschlag der Kommission, biometriegestützte Aufenthaltstitel für alle Drittstaatsangehörigen vorzusehen. Ebenso zähle dazu die schon bestehende Möglichkeit, Fingerabdrücke von Asylbewerbern mit nationalen Dateien abzugleichen. Ein abgestimmter Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes über das Ausländerzentralregister liege - wie vom SPIEGEL berichtet - noch nicht vor.
Der Bundesrat hatte erst am Freitag ein Gesetz gebilligt, wonach ab dem 1. November in neuen Reisepässen auch zwei Fingerabdrücke elektronisch gespeichert werden. Das soll den Pass fälschungssicher und Grenzkontrollen leichter machen. Die Union war zuvor mit ihrem Vorstoß gescheitert, die Fingerabdrücke nicht nur auf dem Dokument, sondern auch bei den Passbehörden zu speichern.
Als weltweit erste Staaten tauschen Deutschland und Österreich zudem seit Juni elektronisch Fingerabdruck-Daten aus. Grundlage bildet der nach dem Ort seiner Unterzeichnung benannte "Prümer Vertrag" vom Mai 2005, der den Austausch von Fingerabdrücken, Daten aus Fahrzeugregistern und Ergebnissen von DNA-Tests vorsieht. Er wurde ursprünglich von den Benelux-Staaten, Frankreich, Österreich, Spanien und Deutschland unterzeichnet. Er soll noch im Juni in den Rechtsrahmen der EU überführt und damit für alle 27 EU-Mitgliedstaaten anwendbar sein.
plö/AP