Richtungsstreit CDU-Wirtschaftsflügel rechnet mit Merkel ab
Hamburg - Josef Schlarmann wirft Merkel vor, von den Grundsätzen der Partei abgewichen zu sein. "Wenn ich mir die Reformbilanz der Regierung Merkel heute ansehe, dann fällt mir nur ein Wort ein: ungenügend", sagte Schlarmann in einem Gespräch mit dem SPIEGEL.
Die jüngsten Beschlüsse der Koalition wie die Erhöhung der Renten oder die Reform der Pflegeversicherung stünden im krassen Gegensatz zu Beschlüssen der Partei. "Für Reforminhalte interessiert sich Angela Merkel kaum noch. Das Unionswahlprogramm von 2005 liegt auf dem Müll."
Er sei nicht länger bereit, einen solchen Kurs hinzunehmen. "Die Grenze ist überschritten", sagte Schlarmann. Er nehme für sich in Anspruch, die Meinung vieler CDU-Mitglieder zum Ausdruck zu bringen. Mit ihrer Politik gefährde Merkel die Mehrheitsfähigkeit der Union. "Angela Merkel ist nach links gerutscht und nennt das Modernisierung. Damit verschreckt sie mehr Wähler als neue zu gewinnen. So kommen wir nie aus der 35-Prozent-Falle", sagte Schlarmann, der auch Mitglied des CDU-Bundesvorstands ist.
Zugleich warnte Schlarmann davor, nach neuen Bündnispartnern wie den Grünen zu schielen. "Um mit Leuten wie Trittin koalieren zu können, müsste sich die CDU weiter verbiegen." Schlarmann forderte die mächtigen CDU-Regierungschefs in den Ländern auf, gegen Merkel die Stimme zu erheben. "Die Ministerpräsidenten müssten deutlich machen, was CDU-Politik ist. Aber das tun sie leider nicht."
Er kritisierte in diesem Zusammenhang Merkels Führungsstil und warf ihr und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla vor, parteiinterne Kritiker mundtot machen zu wollen. Es habe "massive" Versuche gegeben, ihn einzuschüchtern: "Es gab sehr unfreundliche Anrufe."