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Markus Feldenkirchen

Der gesunde Menschenverstand Habecks Horrorverdacht

Markus Feldenkirchen
Eine Kolumne von Markus Feldenkirchen
Der Vizekanzler ist einer ganz üblen Machenschaft auf der Spur. Man kann nur hoffen, dass die Täter dingfest gemacht werden und sich derlei niemals wiederholt.
aus DER SPIEGEL 13/2023
Vizekanzler Habeck

Vizekanzler Habeck

Foto:

RITZAU SCANPIX / via REUTERS

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In diesen Tagen werden wir Zeugen einer Zeitenwende in der deutschen Politik, ach was: eines Epochenbruchs. Bis vor Kurzem, man muss das im Rückblick so sagen, glich die deutsche Spitzenpolitik dem Paradies, bevor die Eva sich den Apfel schnappte – oder welche Frucht auch immer das damals war. In keinem Winkel der Gesellschaft ging man respektvoller miteinander um als innerhalb der Bundesregierung, ganz egal, welche Parteien dieser angehörten.

Die einzelnen Koalitionäre hatten stets das Wohl der Bevölkerung im Sinn, nie den eigenen Vorteil. Es war ein permanentes In-den-Mantel-Helfen und Türaufhalten. Man war so solidarisch miteinander und so verschwiegen diskret, dass die Mönche vom Berg Athos dagegen geschwätzig wirkten. Und vor allem: Gesetzentwürfe wurden niemals durchgestochen, erst recht nicht in einem frühen Stadium, und gewiss nicht an die »Bild«.

Als Korrektiv gab es zur Not noch die vierte Gewalt, also uns Journalistinnen und Journalisten. Wenn ein Regierungsvertreter doch mal in Versuchung kam und uns einen Gesetzentwurf unterjubeln wollte, noch bevor dieser beschlossene Sache war, rümpften wir die Nase, sagten igittigittigitt, hielten eine Gardinenpredigt und verweigerten die Annahme. Nur so, da sind sich die Experten einig, konnte Deutschland zur führenden Exportnation der Welt aufsteigen. Im Vatikan dachte man bereits über eine Heiligsprechung der deutschen Bundesregierung nach.

Aus: DER SPIEGEL 13/2023

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Doch auf einmal ist nichts mehr wie es war. Glaubt man der verstörenden Schilderung von Vizekanzler Robert Habeck gegenüber der »Tagesthemen«-Moderatorin Caren Miosga, dann wurde einer seiner Gesetzentwürfe jetzt tatsächlich »bewusst geleakt«, an die »Bild«-Zeitung, »um dem Vertrauen in der Regierung zu schaden«. Und das, jetzt halten Sie sich bitte fest, »wahrscheinlich mit Absicht, des billigen taktischen Vorteils wegen«. Wer Transparenz so interpretiere, »dass er andere Leute anschwärzt, zerstört wahrscheinlich mit Bewusstsein das Vertrauen in die Regierung – und das ist in diesem Falle passiert.« Millionen von Fernsehzuschauern fiel augenblicklich die Kinnlade runter.

Wenn derartige Machenschaften wie von Habeck beschrieben tatsächlich um sich greifen, und dann auch noch innerhalb der Bundesregierung, dem Edelsten, was wir hatten, dann sind wir, fürchte ich, geliefert. Oder um es mit den Worten Wolfgang Kubickis zu sagen, einem der honorigsten und rücksichtsvollsten Vertreter der Ampelkoalition: Dann können wir uns gehackt legen.

Es sei denn, jene paradiesischen Zustände, die zu Beginn dieser Kolumne beschrieben wurden, waren das Ergebnis meiner blühenden Fantasie. Dann müsste man sich wiederum fragen, ob nicht Habeck mit seinem öffentlichen Pranger absichtlich den eigenen taktischen Vorteil gesucht hat. Aber so etwas wage ich gar nicht erst zu denken.

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