Hoeneß' Steuer-Skandal Rösler fordert Erklärung von Steinbrück

Der Fall Hoeneß spaltet die Politik. Wer Steuern hinterziehe, könne kein Vorbild sein, sagt FDP-Chef Rösler - und fordert den SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück auf, über seine Kontakte zum Bayern-Präsidenten Auskunft zu geben.
Bundeswirtschaftsminister Rösler (FDP): Wer Steuern hinterzieht, "kann kein Vorbild sein"

Bundeswirtschaftsminister Rösler (FDP): Wer Steuern hinterzieht, "kann kein Vorbild sein"

Foto: Michael Kappeler/ dpa

Berlin - Der Fall des Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß beschäftigt weiter die Politik. Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich "enttäuscht" über das Verhalten des Managers, der sich wegen eines Schwarzgeldkontos in der Schweiz selbst angezeigt hat. Ihr Vizekanzler Philipp Rösler sagt jetzt im Interview mit SPIEGEL ONLINE: "Wer Steuern hinterzieht, unabhängig von Amt und Person, kann kein Vorbild sein." Zugleich versprach er für die Bundesregierung stärkere Anstrengungen im Kampf gegen die Steuerflucht: "Wir müssen mehr Transparenz beim Austausch von Steuerdaten mit anderen Ländern erreichen."

In den vergangenen Tagen hatten SPD und Grüne den Fall Hoeneß genutzt, um mit dem Thema Steuergerechtigkeit die schwarz-gelbe Koalition anzugreifen. Nun kontert FDP-Chef Rösler und zielt auf den SPD-Spitzenkandidaten Peer Steinbrück ab: "Im Übrigen - war nicht Herr Hoeneß einer der Berater von Herrn Steinbrück, als dieser noch Bundesfinanzminister war? Hat der SPD-Spitzenkandidat dazu schon was gesagt?" Dieser sollte sich zum Fall Hoeneß äußern, so der Bundeswirtschaftsminister: "Wie sah die Beratung denn genau aus? Das interessiert die Menschen."

Lesen Sie das Interview jetzt hier:

SPIEGEL ONLINE: Herr Rösler, der Bayern-Manager Uli Hoeneß hat sich wegen eines Kontos in der Schweiz selbst angezeigt. Steuerbetrug scheint eine Art Lieblingssport der Reichen geworden zu sein. Was läuft falsch im Land?

Rösler: In Deutschland wird Steuerbetrug konsequent geahndet. Aber die internationale Zusammenarbeit muss besser werden.

SPIEGEL ONLINE: Wie?

Rösler: Wir müssen mehr Transparenz beim Austausch von Steuerdaten mit anderen Ländern erreichen. Für dieses Ziel setzt sich die Bundesregierung ein, wie man an dem Steuerabkommen mit der Schweiz sehen kann. Leider ist dieser Plan am Widerstand von Rot-Grün gescheitert. Aber wir werden weiter auf internationaler Ebene für mehr Transparenz eintreten.

SPIEGEL ONLINE: Die Opposition wirft Ihnen vor, Sie hätten das Steuerabkommen nur aus Solidarität mit Steuersündern wie Hoeneß vorangetrieben. Laut dem Abkommen hätten Inhaber von Schweizer Konten ihre Steuerschuld pauschal, anonym und vor allem straffrei begleichen können. Hat Schwarz-Gelb ein Herz für Steuersünder?

Rösler: Das ist absurd. Im Übrigen - war nicht Herr Hoeneß einer der Berater von Herrn Steinbrück, als dieser noch Bundesfinanzminister war? Hat der SPD-Spitzenkandidat dazu schon was gesagt?

SPIEGEL ONLINE: Sie fordern von ihm Aufklärung?

Rösler: Steinbrück sollte sich zu Hoeneß äußern. Wie sah die Beratung denn genau aus? Das interessiert die Menschen.

SPIEGEL ONLINE: SPD und Grüne halten Ihr gescheitertes Abkommen mit der Schweiz für unzureichend. Sie gehen lieber einen anderen Weg: In den Bundesländern, in denen sie regieren, kaufen die Behörden CDs mit Steuerdaten aus der Schweiz auf und üben so Druck auf die Steuersünder aus. Etliche Fälle sind so schon aufgeklärt worden. Was haben Sie dagegen?

Rösler: Das ist eine Hilfslösung der Länder. Die Länder haben zu verantworten, dass ihnen ohne Vereinbarung nun bedeutende Einnahmen entgehen.

SPIEGEL ONLINE: Hoeneß hat angegeben, er habe eigentlich auf das Abkommen gehofft und sich dann selbst angezeigt, nachdem es gescheitert war. SPD und Grüne sehen das als Bestätigung ihrer Politik.

Rösler: Das ist doch heuchlerisch. Mit dem Steuerabkommen wollten wir für Deutschland rückwirkend bis zu zehn Milliarden an Steuern zurückholen, das ist jetzt durch die Blockade von Rot-Grün auf Zufallsfunde reduziert worden. Oder man hofft auf Selbstanzeigen wie im Fall Hoeneß.

SPIEGEL ONLINE: Sind Sie wie Merkel auch enttäuscht über das Verhalten von Hoeneß?

Rösler: Ich bleibe dabei - wer Steuern hinterzieht, unabhängig von Amt und Person, kann kein Vorbild sein.

SPIEGEL ONLINE: Was halten Sie vom Vorschlag des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU), das Bundeszentralamt für Steuern zu stärken und so eine Art deutsches Steuer-FBI zu schaffen?

Rösler: Das klingt auf den ersten Blick gut, erweist sich in der Praxis aber kurzfristig als schwierig. Dafür bräuchte man eine Grundgesetzänderung. Die sehe ich so schnell nicht.

SPIEGEL ONLINE: Rechnen Sie mit einem Bundestagswahlkampf, der sich vor allem um das Thema Steuern und Gerechtigkeit dreht?

Rösler: Das Thema wird schon allein deshalb eine Rolle spielen, weil SPD und Grüne die Steuern massiv erhöhen wollen. Und auch bei der Union kann man sich am Ende nicht sicher sein, was dabei herauskommt. Deshalb sagen wir - die einzige Partei, die eine Garantie gegen weitere Steuererhöhungen ist, ist die FDP.

SPIEGEL ONLINE: Themenwechsel: Überrascht Sie die heftige Debatte über die Frauenquote bei der CDU?

Rösler: Entscheidend ist, dass wir zu einer gemeinsamen Linie in der Koalition gekommen sind und nicht auf den Wahlkampfpopulismus der Opposition hereingefallen sind. Auch Frau von der Leyen hat ja am Ende mit der Koalition gestimmt, das zählt.

SPIEGEL ONLINE: Können Sie verstehen, wenn einige in der Union die Entlassung von Frau von der Leyen verlangen?

Rösler: Jeder Koalitionspartner trifft seine Entscheidungen für sich. Ich mache der Union keine Vorschriften und die Union mir auch nicht.

SPIEGEL ONLINE: Ihre Partei will die Frauenquote nicht. Sie sind auch ein entschiedener Gegner?

Rösler: Bei der Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen muss sich noch viel tun. Die zentrale Herausforderung ist aber eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Da sind die Zahlen nicht gut, das ist Sache der Wirtschaft. Hier müssen sich unsere Unternehmen noch stärker anstrengen.

SPIEGEL ONLINE: Ihr Vorgänger als FDP-Chef, Guido Westerwelle, hält neun Prozent für die FDP bei der Bundestagswahl für möglich. Teilen Sie seine Erwartungen?

Rösler: Ich lege mich schon seit Jahren nicht auf Zahlen fest. So viel aber steht fest: Wir sind deutlich auf dem Wege der Besserung. Nicht nur bei den Umfragen, sondern auch, was die Mobilisierung in den eigenen Reihen und außerhalb angeht.

SPIEGEL ONLINE: Die FDP will sich auf dem Bundesparteitag in Nürnberg zu regionalen, branchenspezifischen Mindestlöhnen bekennen. Wird die FDP jetzt sozialdemokratisiert?

Rösler: Uns Liberalen steht es gut an, den Blick auf die Lebenswirklichkeit zu werfen. Dabei sehen wir, dass Löhne von drei Euro nichts mit Leistungsgerechtigkeit zu tun haben. Wir sind für die Tarifautonomie, aber was ist mit den Menschen, die in Branchen und Regionen arbeiten, in denen es keine Vereinbarungen der Tarifparteien gibt? Das ist ein Thema, bei dem eine auf die soziale Marktwirtschaft verpflichtete Partei gefordert ist.

SPIEGEL ONLINE: Sie sind jetzt 40. Bleibt es bei Ihrer Zusage, dass Sie mit 45 Jahren mit der Politik aufhören?

Rösler: Das ist ja dann noch die ganze nächste Legislaturperiode. Insofern liegen noch viele Aufgaben in den kommenden Jahren vor mir.

Das Interview führten Roland Nelles, Christian Rickens und Severin Weiland
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