Streit in der Regierung Rösler-Ministerium torpediert von der Leyens Armutsbericht

Schwarz-Gelb droht ein interner Streit über die sozialen Verhältnisse in Deutschland. Das Wirtschaftsministerium widerspricht laut einem Pressebericht dem Entwurf des Armuts- und Reichtumsreports von Ursula von der Leyen. Dieser entspreche nicht der Meinung der Bundesregierung.
FDP-Chef Rösler (im Juli): Strikte Ablehnung höherer Steuern für Reiche

FDP-Chef Rösler (im Juli): Strikte Ablehnung höherer Steuern für Reiche

Foto: Carmen Jaspersen/ dpa

Berlin - Es ist ein Affront gegen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Das Wirtschaftsministerium verweigert dem von ihrem Ressort vorgelegten Entwurf des neuen Armuts- und Reichtumsberichts die Zustimmung. Der aktuelle Berichtsentwurf sei "nicht ressortabgestimmt" und entspreche daher "auch nicht der Meinung der Bundesregierung", hießt es in einer internen Stellungnahme aus dem Ressort von FDP-Chef Philipp Rösler. Das berichtet das "Handelsblatt".

Am Wochenbeginn hatte von der Leyen den Berichtsentwurf für die regierungsinterne Abstimmung an die anderen Ressorts verschickt. Dieser zeigt vor allem, dass sich die soziale Kluft in Deutschland vergrößert hat. Demnach sind in den vergangenen Jahren vor allem die Reichen reicher geworden, während die ärmere Hälfte der Haushalte lediglich über nur gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens verfüge. Nach dem Terminplan der Arbeitsministerin soll das Bundeskabinett den Bericht am 14. November beschließen.

Nun ist fraglich, ob der Report in der bisher bekannten Form verabschiedet wird. Röslers Ministerium scheint vor allem eine Passage in dem Berichtsentwurf zu stören, der recht eindeutig für höhere Steuern oder Abgaben für Vermögende plädiert: "Die Bundesregierung prüft, ob und wie über die Progression in der Einkommensteuer hinaus privater Reichtum für die nachhaltige Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden kann", heißt es darin. Die Opposition hatte ebenfalls mit Forderungen nach einer Vermögensabgabe und Steuererhöhungen für Spitzenverdiener auf den Berichtsentwurf reagiert.

Das Wirtschaftsministerium wehrt sich in seiner Stellungnahme strikt dagegen, mit den im Bericht enthaltenen Daten über eine ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung neue Staatseingriffe zu rechtfertigen. "Forderungen nach noch mehr Umverteilung sind für das Bundeswirtschaftsministerium nicht zustimmungsfähig", heißt es in der Stellungnahme. "Vor allem Forderungen nach höheren Steuern für die, die den Sozialstaat finanzieren, lehnt das Ministerium entschieden ab."

Stattdessen solle der Bericht nach dem Willen des Rösler-Ressorts die positiven Entwicklungen in den Vordergrund stellen. So hätten seit 2005 mehr als zwei Millionen Menschen eine Beschäftigung gefunden. Überdies sei der Anteil der Niedriglohnbeschäftigung seit 2007 rückläufig und zudem die Langzeitarbeitslosigkeit um 40 Prozent gesunken. "Dadurch hat sich die Lebenssituation einkommensschwacher Haushalte verbessert", betont das Ministerium.

Von der Leyens Ministerium widersprach der Darstellung des Wirtschaftsressorts: "Es gibt im Bericht keinerlei Hinweise auf neue Umverteilungen über das Steuersystem. Die Prüfaussage in diesen Zusammenhang zu stellen, ist absolut konstruiert." Es gehe "ausschließlich und allein um das Thema der gesellschaftlichen Verantwortung und des Engagements im Rahmen von freiwilligen Spenden- und Stiftertätigkeiten", keineswegs "um Zwangsmaßnahmen".

fdi/dapd/AFP
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