Ex-Kanzleramtschef
Empörung über Pofallas möglichen Wechsel zur Bahn
Es wäre ein weiterer spektakulärer Wechsel aus dem Kanzleramt in die Wirtschaft: Ronald Pofalla soll Bahn-Vorstand werden. Daran entzündet sich heftige Kritik. Selbst in der Großen Koalition spricht man von dem Eindruck, "dass der bisherige Kanzleramtsminister gezielt gekauft wird".
CDU-Politiker Pofalla (Archivbild): Kritik von SPD, Grünen, Linken
Foto: Rainer Jensen/ dpa
Berlin - Der mögliche Wechsel des früheren Kanzleramtschefs Ronald Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn sorgt für heftige Kritik. Politiker von SPD, Grünen, Linkspartei und die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International zeigen sich empört.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Ulrich Kelber (SPD), sagte der "Passauer Neuen Presse", es entstehe der Eindruck, dass der bisherige Kanzleramtsminister gezielt gekauft wird". Schließlich sei Pofalla "nicht als Technikvorstand" im Gespräch. Sollten sich die Berichte über einen Wechsel des CDU-Politikers bestätigen, gehe es der Konzernführung einzig und allein um die Regierungskontakte Pofallas, sagte Kelber. Es sei "nicht gut, wenn man aus einem Ministeramt direkt in eine erkennbar auf Lobbyismus gerichtete Funktion wechselt".
Pofalla will nach Informationen der "Saarbrücker Zeitung" und der Agentur Reuters in den Bahn-Vorstand wechseln. Er soll dort ein eigens für ihn geschaffenes Ressort übernehmen, das die langfristige Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik umfassen soll. Die Bahn wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Ein Vorstandsjob bei der Bahn wird mit 1,3 bis 1,8 Millionen Euro im Jahr vergütet.
Linke fordern lange Karenzzeit
Der 54-jährige Pofalla hatte seinen Posten im Kanzleramt Ende des Jahres geräumt und angekündigt, er wolle nur sein Bundestagsmandat behalten. Über den Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hieß es unter anderem, er wolle nach einer Auszeit in die Wirtschaft wechseln und auch mehr Zeit für sein Privatleben haben.
Der Vizechef der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, sagte dem "Handelsblatt", für derlei Fälle müssten Karenzfristen existieren, "die einen unmittelbaren Wechsel aus Regierungsverantwortung in eine Führungsposition in der Wirtschaft verhindern". Andernfalls werde unausweichlich der Anschein von Vetternwirtschaft entstehen, was schlecht für Wirtschaft und Politik sei.
Auch Linken-Chefin Katja Kipping forderte in dem Blatt eine gesetzliche Regelung für Politikerwechsel in die Wirtschaft. "Wir brauchen eine fünfjährige Karenzzeit für Regierungsmitglieder, in der Wechsel auf Spitzenposten in der Wirtschaft verboten sind", sagte sie. "So ein Wechsel würde sich eigentlich allein aus politischem Anstand verbieten", fügte sie hinzu. Die SPD hatte im Wahlkampf eine 18-monatige Karenzzeit für scheidende Regierungsmitglieder gefordert.
Transparency Deutschland sprach von einem Verfall politischer Sitten. Pofalla werde sein Bundestagsmandat zurückgeben müssen, sagte der Geschäftsführer Christian Humborg dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag). Auch abgeordnetenwatch.de warf die Frage auf, wie Pofalla einen Vorstandsposten, der mit mehr als einer Million Euro dotiert sei, mit seinem Abgeordnetenmandat vereinbaren wolle.