Rot-Rot-Grün-Debatte "SPD ist eine demokratische Volkspartei - bis jetzt"

"Ich hoffe auf einen Aufstand der Anständigen": Im Interview mit SPIEGEL ONLINE warnt CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer SPD-Chef Beck vor dem Links-Pakt in Hessen - und den Konsequenzen für die Große Koalition im Bund. Gegen DDR-Verherrlicher will sie per Strafrecht vorgehen.

SPIEGEL ONLINE: Frau Haderthauer, was haben Sie denn dagegen, dass SPD-Chef Beck Frau Ypsilanti notfalls mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin von Hessen machen möchte?

Haderthauer: Der SPD-Vorsitzende beginge damit einen massiven Wählerbetrug. Frau Ypsilanti hat ihre Stimmen unter dem Versprechen bekommen, in keiner Weise mit der Linken zu paktieren – ob Koalition, Tolerierung oder sonstwas. Ein Zusammengehen der SPD mit den Linken in Hessen wird den Niedergang der deutschen Sozialdemokratie bedeuten.

SPIEGEL ONLINE: Das kommt Ihnen doch entgegen, Sie wärmen ja bereits Ihren Uralt-Slogan von "Freiheit statt Sozialismus" für die kommenden Wahlkämpfe auf.

Haderthauer: Nein, die gegenwärtige Instabilität der SPD und die Führungsschwäche von Kurt Beck sind auch für die Union kein Anlass zur Schadenfreude. Denn die Sozialdemokraten verursachen einen enormen Vertrauensschaden, den die Menschen der Politik insgesamt, allen Parteien anrechnen. Die SPD macht sich zum Steigbügelhalter einer demokratiefeindlichen Partei, die im Westen DKP-Mitglieder in die Parlamente schickt. Das Ziel von Kommunisten ist ein totalitäres Regime. Die SPD ist für mich eine demokratische Volkspartei – bis jetzt. Wenn sie aber mit DKP-Kadern, die die Demokratie bekämpfen, zusammenarbeitet, dann stelle ich das in Frage.

SPIEGEL ONLINE: Wenn das alles so schlimm ist, was die Beck-SPD macht - können Sie dann mit dieser Partei im Bund überhaupt noch weiter koalieren?

Haderthauer: Seit dem Linksruck der SPD auf ihrem Hamburger Parteitag im vergangenen Oktober gibt es einen Riss in der Partei zwischen den SPD-Ministern in der Koalition und Parteichef Beck. Solange die Regierungs-SPD ihre Arbeit ordentlich macht und sich an den Koalitionsvertrag hält, werden wir als Union den Wählerauftrag zunächst erfüllen. Ich hoffe auf einen Aufstand der Anständigen in der SPD.

SPIEGEL ONLINE: Zunächst?

Haderthauer: Na ja, wenn die SPD auf Dauer instabil bleibt und im Westen mit der Linken paktiert, dann muss man über die Grundlage der Großen Koalition nachdenken. Aber bisher habe ich noch die Hoffnung, dass der Kollege Beck in Sachen Linkspartei zur Besinnung kommt, bisher ist all das "nur" eine Störung unserer Vertrauensgrundlage.

SPIEGEL ONLINE: Sie haben kein alternatives Koalitionsmodell, sollte es nach der regulären Bundestagswahl 2009 für Schwarz-Gelb wieder nicht reichen. Ihre Partei blockiert ein Zusammengehen der Union mit den Grünen. Wie lang wollen Sie das durchhalten?

Haderthauer: Die Bundes-Grünen sind seit ihren Parteitagen in Nürnberg beim Thema Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie in Göttingen beim Thema Auslandseinsätze der Bundeswehr dermaßen weit nach links gerutscht, dass es keine Basis für eine gemeinsame Politik gibt. Auch wenn die ein paar vernünftige Leute haben, sehe ich inhaltlich momentan keine Perspektive für Schwarz-Grün. Wir setzen 2009 auf eine klare bürgerlich-konservative Alternative.

SPIEGEL ONLINE: Was hat die Linkspartei in den vergangenen Monaten im Westen so stark gemacht, dass sie jetzt in drei Parlamenten vertreten ist und vermutlich auch in Hamburg in die Bürgerschaft einziehen wird?

Haderthauer: Die SPD hat mit Inhalten der Linken Wahlkampf gemacht. Damit hat sie diese Partei salonfähig gemacht. Die orientierungslose SPD hat sich nicht distanziert, sondern ist der Linken nachgelaufen. Dabei ist die SPD fürs Ausputzen auf der linken Seite zuständig. Wir machen das erfolgreich auf der rechten. Stellen Sie sich doch mal vor, was in Deutschland los wäre, wenn die Union mit einer rechtsradikalen Partei zusammengehen würde!

SPIEGEL ONLINE: In Hessen und Niedersachsen sind allerdings auch Zehntausende vormalige CDU-Wähler zur Linken übergelaufen.

Haderthauer: Das zeigt doch, wie die Linken plötzlich wählbar wurden, weil die traditionelle Volkspartei SPD ihre Themen etabliert hat.

SPIEGEL ONLINE: Sie sprechen vom "Ausputzen" auf der linken Seite, fordern, die Linke als radikale Partei zu bekämpfen. Was heißt das konkret?

Haderthauer: Ausputzen meint die inhaltliche Anforderung an die SPD: zeigen, was das für Leute sind bei der Linken; aufklären, was die für schwachsinnige Ideen haben. Bekämpfen meint, die Angriffe gegen unsere Demokratie zu unterbinden. Denken Sie an die Stasi-Äußerungen dieser DKP-Frau Wegner in Niedersachsen. Da wird sicher noch Einiges nachkommen. Genauso klar und konsequent wie wir gegen die Rechtsradikalen vorgehen, müssen wir auch gegen die Linksradikalen vorgehen. Da könnte man auch über strafrechtliche Konsequenzen nachdenken.

SPIEGEL ONLINE: Sie spielen auf den Volksverhetzungsparagrafen im Strafgesetzbuch an, der die Verherrlichung der NS-Diktatur unter Strafe stellt?

Haderthauer: Es muss jedenfalls eine Ahndung der Verhöhnung von SED-Opfern geben.

Lesen Sie weiter, was Christine Haderthauer über hummerfutternde Kader-Kapitalisten der Linken denkt und wie sie CSU-Chef Huber in Sachen Milliarden-Blamage der BayernLB verteidigt

SPIEGEL ONLINE: Sie wollen per Strafrecht auf einen gesellschaftlichen Trend reagieren? Es ist doch die etablierte Politik, die den Linken die Wähler zutreibt: überhöhte Managergehälter, die Steueraffäre und in Bayern jetzt die Milliarden-Blamage bei der Landesbank. Die Linken können prima vor der Fratze des Kapitals warnen.

Haderthauer: Das ist Quatsch. Die Steuersünder haben gegen die Regeln des Systems verstoßen, dafür werden sie bestraft. Aber das kann man doch nicht als Beleg gegen unser System werten. Schauen Sie sich die Linken doch an: Die futtern Hummer wie Sahra Wagenknecht und wohnen in einem Palast wie Lafontaine. Diese Kader-Kapitalisten sind echte Vorbilder.

SPIEGEL ONLINE: Der Ärger um die Verluste bei der Landesbank kommt für die CSU zur Unzeit, in acht Tagen sind Kommunalwahlen in Bayern. Wie wollen Sie den Glaubwürdigkeitsverlust von Erwin Huber und Ihrer Partei wettmachen?

Haderthauer: Erwin Huber hat absolut ordnungsgemäß gehandelt und kommuniziert.

SPIEGEL ONLINE: Sie fanden die Informationspolitik zuletzt ordentlich?

Haderthauer: Erwin Huber kann man keine verfehlte Informationspolitik vorhalten, er hat schon vor Wochen als erster darauf hingewiesen, dass Abschreibungsbedarf besteht. Er hat in jeder Hinsicht korrekt gehandelt. Die vorangegangene Kommunikation des Vorstands der BayernLB ist allerdings kritikwürdig. Das können Sie ja auch am Rücktritt des bisherigen Vorstandschefs Schmidt ablesen.

SPIEGEL ONLINE: Kritiker sagen, eine Landesbank sollte sich nicht an Zockergeschäften in Übersee beteiligen, sondern sich auf Finanzarbeit in der Region konzentrieren.

Haderthauer: Im US-Immobilienmarkt haben sich alle Banken in Deutschland engagiert, und die BayernLB ist deutlich weniger betroffen als andere Landesbanken. Aber klar ist auch: Der jetzt erfolgte Wechsel des Vorstandsvorsitzenden wird sicher auch dazu führen, dass die Landesbank ihre Strategien für die Zukunft überdenkt.

SPIEGEL ONLINE: Welche Signale erhalten Sie denn vom alten Huber-Rivalen Horst Seehofer in Berlin, was sagt er zu den Schwierigkeiten des Parteichefs?

Haderthauer: Wir haben laufend Gespräche, bisher aber nicht zu diesem Thema. Er sitzt im Verwaltungsrat der KfW Bankengruppe, insofern kennt er das Thema.

Das Interview führte Sebastian Fischer

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