DER SPIEGEL

Die Fehltritte von Christine Lambrecht 5000 Helme, ein Helikopterflug, das Silvestervideo – und damit ein Problem für Olaf Scholz

Christine Lambrecht beklagt bei ihrem Abgang aus dem Verteidigungsministerium eine »mediale Fokussierung« auf ihre Person. Daran hat sie allerdings einen Anteil. Bundeskanzler Scholz weiß offenbar schon, wer ihr nachfolgt.

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Sie galt schon lange als Fehlbesetzung, nun verlässt Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht das Kabinett. Am Montagmorgen bat sie Bundeskanzler Scholz um ihre Entlassung.

Lambrecht begründete den Rücktritt damit, dass es in den vergangenen Monaten eine »mediale Fokussierung« auf ihre Person gegeben habe – und dadurch die Bundeswehr in den Hintergrund gerückt sei.

Dass sie oftmals im Fokus der Aufmerksamkeit stand, daran hatte die Ministerin allerdings einen erheblichen Anteil – Lambrechts Amtszeit ist von Pleiten und Pannen durchzogen.

Zuletzt hatte dieses verunglückte Silvestervideo der Ministerin für Empörung gesorgt. In dem Instagram-Clip spricht Lambrecht über den Ukrainekrieg, um im nächsten Moment von Begegnungen mit »interessanten und tollen Menschen« zu schwärmen. Erste Rücktrittsforderungen wurden laut.

Es war nicht der einzige Fehltritt der 57-jährigen SPD-Politikerin.

So fuhr sie kurz nach ihrem Amtsantritt und trotz der damaligen Krise in der Ukraine über Weihnachten 2021 und Silvester in den Skiurlaub nach Ischgl. Im April 2022 besuchte Lambrecht per Helikopter eine Einheit der Bundeswehr in Norddeutschland – und flog einen Tag später mit dem Hubschrauber weiter zu einem Osterferienaufenthalt nach Sylt.

In Erinnerung bleiben werden auch die 5000 Schutzhelme aus Bundeswehrbeständen, die Lambrecht wenige Wochen vor dem russischen Angriff der Ukraine anbot – was ihr international, Kritik einbrachte. Der damalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk ließ seine Enttäuschung deutlich spüren.

Andrij Melnyk, ehemaliger ukrainischer Botschafter

»Seien wir doch ernst, 5000 Helme, die sind wichtig, die werden auch bestimmt gebraucht, aber das, was in der Tat benötigen, das sind Verteidigungswaffen.«

In den Tagen vor ihrem Rückzug absolvierte Lambrecht mehrere öffentliche Auftritte – unter anderem ließ sie sich den Schützenpanzer Marder vorführen.

Christine Lambrecht, ehemalige Verteidigungsministerin

»Nach dem temporären Ausfall Ende letzten Jahres des Pumas war es ganz wichtig, dass wir als Deutschland sichergestellt haben, dass wir unsere Verantwortung innerhalb der NATO, innerhalb der Speerspitze der NATO, der VJTF unsere Herausforderungen, unsere Aufgaben erfüllen können.«

Vor die Presse trat Lambrecht auch noch einmal in Sachen der defekten Puma-Panzer der Bundeswehr – eines von zahlreichem Problem, um das sich nun ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin wird kümmern müssen. Die Modernisierung der Bundeswehr kommt trotz des 100-Milliarden-Euro Sondervermögens bislang nicht wie gewünscht nicht in Gang.

Wer übernimmt das Verteidigungsressort? Es kursieren mehrere Namen: Die Wehrbeauftragte Eva Högl, Sozialminister Hubertus Heil – und auch SPD-Chef Lars Klingbeil werden genannt. Bundeskanzler Scholz dankte Christine Lambrecht für die »gute Arbeit« und kündigte eine »zeitnahe« Entscheidung über die Nachfolge an.

Olaf Scholz, Bundeskanzler

»Das ist heute natürlich aus gutem Grund nicht der Tag, darüber zu berichten, wie es weitergeht. Ich will aber sagen, ich habe eine klare Vorstellung und das wird sehr schnell für alle bekannt werden. Wie das weitergehen soll? Das Bundesministerium der Verteidigung, die Bundeswehr, aber alle, die sich um die Landesverteidigung in unserem Land bemühen, haben verdient, dass das schnell geklärt wird. Ich weiß, wie es aus meiner Sicht weitergehen soll, und wir werden das dann auch rechtzeitig bekannt geben.«

Die Zeit drängt: Am Freitag beraten die westlichen Verbündeten der Ukraine im sogenannten Ramstein-Format über weitere Waffenlieferungen.

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