Waffenlieferungen in Krisenregionen Deutschland genehmigt Rüstungsexporte in Milliardenhöhe

Die Bundesregierung hat 2020 deutlich weniger Rüstungsexporte genehmigt als im Vorjahr – dennoch summieren sie sich auf mehr als fünf Milliarden Euro. Und manche Empfänger sind umstritten.

Die Bundesregierung verschärfte 2019 ihre Rüstungsexportrichtlinien – Lieferungen in Länder außerhalb der Europäischen Union und der Nato sind demnach »restriktiv« zu handhaben.

 2020 gab es in der Tat einen Rückgang der genehmigten Rüstungsexporte im Vergleich zum Rekordjahr 2019, von 8,015 auf 5,635 Milliarden Euro. Die Summe umfasst Lieferungen, die bis zum 10. Dezember erlaubt wurden. In einer vorläufigen Bilanz Mitte Dezember war von genehmigten Waffenexporten über rund 4,9 Milliarden Euro die Rede gewesen.

Allein nach Ägypten Rüstungsgüter im Wert von mehr als 750 Millionen Euro

Rund ein Fünftel der genehmigten Rüstungsexporte ist für Länder vorgesehen, die in die Konflikte im Jemen oder in Libyen verwickelt sind. Allein für Ägypten wurden bis zum 17. Dezember Ausfuhren von Waffen und militärischer Ausrüstung im Wert von 752 Millionen Euro erlaubt. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour hervor.

Auch nach Katar (305,1 Millionen Euro), in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE, 51,3 Millionen Euro), nach Kuwait (23,4 Millionen Euro) und in die Türkei (22,9 Millionen Euro) dürfen in größerem Umfang Rüstungsgüter geliefert werden. Außerdem wurden Genehmigungen für Jordanien (1,7 Millionen Euro) und Bahrain (1,5 Millionen Euro) erteilt. Insgesamt summiert sich dies auf 1,16 Milliarden Euro.

Alle genannten Länder spielen in mindestens einem der beiden seit Jahren andauernden Konflikte eine Rolle. Im Jemen bekämpft eine von Saudi-Arabien geführte Allianz an der Seite der dortigen Regierung die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen. Dem Bündnis gehören die VAE, Ägypten, Kuwait, Jordanien und Bahrain an. An den Kampfhandlungen ist aber in erster Linie Saudi-Arabien beteiligt.

Im Libyen-Konflikt unterstützen  Katar und die Türkei die international anerkannten Regierung von Ministerpräsident Fayez Sarraj in Tripolis. Der mächtigste Widersacher Sarrajs, General Khalifa Haftar, wird dagegen von den VAE und Ägypten unterstützt. Derzeit gibt es in Libyen einen Waffenstillstand.

Deutschland setzt sich für den Stopp von Waffenlieferungen nach Libyen ein und organisierte dazu vor einem Jahr ein Gipfeltreffen in Berlin. Aber auch danach wurden nach Uno-Angaben noch Waffen nach Libyen geliefert, unter anderem aus der Türkei und den VAE.

Zu den Rüstungsexporten in die am Jemen-Krieg beteiligten Staaten hatten Union und SPD auf Drängen der Sozialdemokraten 2018 eine Klausel in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Demnach sollten die Lieferungen an alle »unmittelbar« an dem Krieg beteiligten Staaten gestoppt werden. Vollständig umgesetzt wurde der Beschluss bis heute aber nur für Saudi-Arabien, den zeitweise mit Bodentruppen am Jemen-Kieg beteiligten Sudan und den Jemen selbst.

Der Grünenaußenpolitiker Nouripour übt deshalb scharfe Kritik an der Bundesregierung. Die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag sei »nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht«. Zudem habe die Bundesregierung Rüstungslieferungen an Staaten erlaubt, die das Waffenembargo gegen Libyen gebrochen haben.

ulz/dpa
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