Russland-Sanktionen der EU FDP-Politiker distanzieren sich von Kubicki

FDP-Politiker Djir-Sarai und Lindner im Bundestag (Archivbild 2010)
Foto: Action PressDer Vorstoß des FDP-Parteivizes Wolfgang Kubicki für ein schrittweises Ende der Russland-Sanktionen kam überraschend. Und er löste bei manchen Liberalen Kopfschütteln aus. Partei- und Fraktionschef Christian Lindner reagierte zunächst verhalten, er wollte das Thema nicht größer machen und wies darauf hin, die Position seines Vizes sei Teil der "Meinungsfreiheit" in der FDP, im Übrigen gelte ein einstimmiger Beschluss des FDP-Bundesvorstands vom Januar dieses Jahres. Darin wird eine Lockerung oder Aufhebung der EU-Sanktionen von "einem substanziellen Einlenken der russischen Regierung" abhängig gemacht.
Doch das Thema ist damit für die FDP noch lange nicht vom Tisch. In den ostdeutschen FDP-Landesverbänden gibt es Stimmen, die sich für ein Ende der Russland-Sanktionen aussprechen. In dieser Gemengelage hat der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bijan Djir-Sarai, die Position des Bundesvorstands in einer schriftlichen Erklärung bekräftigt. "Wir Freie Demokraten wollen die Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten. Das ist auch Beschlusslage der Bundespartei", heißt es in einer E-Mail, die sein Büro am Mittwochmorgen verschickte.

FDP-Vize Kubicki mit seinem Vorsitzenden Lindner
Foto: Markus Scholz/ picture alliance / Markus ScholzDer FDP-Abgeordnete, der auch die wichtige Landesgruppe aus Nordrhein-Westfalen in der FDP-Fraktion leitet, stellte zudem klar: Bevor sich die Außenpolitik Russlands nicht substanziell ändere, werde sich die FDP auch nicht für eine Lockerung der Sanktionen einsetzen. "Das ist bisher nicht abzusehen, da Russland nicht bereit ist, Kompromisse zu schließen", so der Außenpolitiker. Im Falle einer weiteren militärischen Eskalation in der Ukraine würde sich die Fraktion für eine Verschärfung der Sanktionen aussprechen, schreibt Djir-Sarai. Wichtig sei dabei, dass die EU mit einer geschlossenen Haltung auftrete und mit einer Stimme spreche.
Kritik auch aus dem Nachwuchs
Der Vizevorsitzende der Jungen Liberalen (Julis), Phil Hackemann, ging in seiner Kritik an Kubickis Position in diesen Tagen noch ein Stück weiter. "Ich halte es für völlig unangebracht, ausgerechnet jetzt die Lockerung von Sanktionen gegenüber Russland ins Gespräch zu bringen", teilte der Nachwuchspolitiker in einer E-Mail mit. Russland werde aktuell verdächtigt, erst vor wenigen Wochen chemische Waffen auf europäischem Boden eingesetzt zu haben. "Gerade angesichts dieser Gemengelage dürfen wir Putin nicht auch noch, quasi als 'Mitgift' zu seiner Wahl, im vorauseilenden Gehorsam belohnen", schrieb Hackemann.
Kubicki hatte die interne Debatte am Wochenende mit einem Radiointerview angestoßen. Der Bundestagsvizepräsident sagte am Tag der Russlandwahl im Deutschlandfunk, dass die Bundesrepublik Bereitschaft zeigen solle, auf Russland zuzugehen. Andernfalls befürchte er einen neuen Kalten Krieg.
Während am Sonntag in russischen Wahllokalen Wladimir Putin mit über 70 Prozent im Präsidentschaftsamt bestätigt wurde, sprach Kubicki davon, das "Sanktionsregime" gegen Russland "step by step zu beenden".
Ost-FDP-Politiker Zastrow will Ende der EU-Sanktionspolitik
Mit seiner Haltung ist Kubicki in der Partei nicht allein. Der sächsische FDP-Vorsitzende Holger Zastrow nannte diesen Weg "überfällig". Dem "Tagesspiegel" sagte Zastrow, die Sanktionen schadeten erkennbar der ostdeutschen Wirtschaft und fänden "immer weniger Akzeptanz in der Bevölkerung".
Der Thüringer FDP-Landesverband will ein Umdenken in der Sanktionspolitik beim FDP-Bundesparteitag Mitte Mai sogar zur Abstimmung stellen. In dem Antrag werden die Sanktionen als "inkonsistent, inkonsequent und nicht zielführend" bezeichnet. Sie sollten in Zukunft auf Waffen und militärische Güter beschränkt bleiben. Der Vorsitzende des FDP-Landesverbands von Mecklenburg-Vorpommern, Hagen Reinhold, sagte, in seinem Landesverband sei die Zustimmung für ein Umdenken in der Sanktionspolitik "außerordentlich groß".