S.P.O.N - Im Zweifel links Rettet ARD und ZDF!
Das Fernsehen lebt. Selbst das ZDF, das in diesen Tagen seinen 50. Geburtstag feiert. Das ist eine Überraschung. Trägt nicht das Internet das Fernsehen demnächst zu Grabe? Ist das Fernsehen nicht schon längst nur noch was für die Alten und für die bildungsferne Bevölkerung? Und sind die Buchstaben ZDF nicht nur ein öffentlich-rechtliches Akronym, das ins Deutsche übersetzt "altmodisch, westdeutsch und überflüssig" bedeutet?
Das ist alles Unsinn. Die Leute kehren dem Fernsehen nicht den Rücken, sondern verbringen im Gegenteil mehr und mehr ihrer kostbaren Zeit damit, und zwar gerade jene mit den höheren Einkommen. Und die intelligenteste und lustigste Satiresendung im deutschen Fernsehen läuft seit zwei Jahren ausgerechnet im Zweiten, die "heute show" mit Oliver Welke.
Dennoch ist gerade die Kritik am öffentlich rechtlichen Rundfunk bei deutschen Medienjournalisten geradezu endemisch. Es gibt Leute wie Michael Hanfeld von der "FAZ", die führen seit Jahren einen heiligen Krieg gegen ARD und ZDF und vor kurzem hat der S.P.O.N.-Kolumnist Georg Diez seinerseits das Kreuz genommen und sich in den Kampf gegen die Öffentlich-Rechtlichen eingereiht, die er schlicht die "bundesrepublikanischen Moloche" nennt
Ein vielsagendes Wort: In der Art und Weise, wie mancher Journalist über das duale System herzieht, äußert sich mehr als nur Enttäuschung über Bürokratismus und Gebührenverschwendung. Da lugt eine geradezu antirepublikanische Abneigung gegen einen sozialdemokratischen Rest der alten Bundesrepublik hervor, der es geschafft hat, dem Säurebad des Neoliberalismus zu widerstehen.
Öffentlich-Rechtlich - ein Anachronismus?
"Öffentlich rechtlicher Rundfunk", das steht zwischen den Zeilen immer dabei, ist ein Anachronismus. Es dürfte ihn eigentlich nicht geben. Hier ist eine Generation am Wirken, der beigebracht wurde, allem Öffentlichen zu misstrauen und das Heil im Privaten zu suchen. Aber die Kollegen pfeifen dabei nicht nur auf Grundgesetz und Verfassungsgericht. Sie verfolgen eigene Interessen.
Der öffentlich rechtliche Rundfunk war konstituierend für Demokratie und Föderalismus in Deutschland. Für das ZDF gilt das in besonderer Weise. Es wurde als Reaktion auf Konrad Adenauers Versuch gegründet, einen regierungseigenen Staatssender zu schaffen. Weil es den nicht geben sollte, verzichtete man darauf, das öffentlich-rechtliche System über Steuern zu finanzieren.
Das war ein Fehler.
Die GEZ mit ihrem gespenstischen Inkasso-System rangiert auf der öffentlichen Beliebtheitsskala irgendwo kurz vor der Stasi. Theater, Museen, Bibliotheken oder Hochschulen, die wie der Rundfunk als öffentliche Aufgabe verstanden werden, können froh sein, dass es ihnen erspart bleibt, ihr Geld mit Drückermethoden einzutreiben.
Die erwünschte "Staatsferne" ist allerdings schnell in Staatsnähe umgeschlagen. Nach dem Skandal um die Vertragsverlängerung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender, die der CDU-Politiker Roland Koch verhindert hat, kommt der Staatsvertrag demnächst endlich vors Bundesverfassungsgericht.
Kriegserklärung der Verlage
Bürokratie, Versorgungsmentalität, Offenheit für politischen Einfluss - es gibt genügend Gründe, am öffentlich rechtlichen System Kritik zu üben. Aber in den vergangenen Jahren hat sich etwas geändert: Es geht nicht mehr um Verbesserung. Es geht um Abschaffung. Seit die Printmedien durch das Internet unter Druck geraten sind, haben die großen Verlage den Öffentlich-Rechtlichen den Krieg erklärt. Im Netz treffen die Print-Häuser die Öffentlich-Rechtlichen als Konkurrenten an. Burda und Springer treiben die Sender vor sich her, bedrohen sie mit Klagen und setzen die Politik unter Druck.
Und die Politik gibt dem Druck nach. Sie hat ein Interesse an einem willfährigen Rundfunk, nicht an einem starken.
Dabei ist das Netz das Medium der Zukunft. Es ist absurd, den Öffentlich-Rechtlichen ihre Präsenz im Web zu beschneiden. Grundversorgung findet künftig im Internet statt und das Netz ist der neue Rundfunk. Hans-Jürgen Papier, früher Präsident des Bundesverfassungsgerichts, sagt: "Begibt sich die Presse auf das Gebiet des Rundfunks, der im modernen Sinne auch Internetangebote umfasst, muss sie die öffentlich-rechtliche Konkurrenz aushalten."
So herum wird ein Schuh aus der Sache. Im Netz wird die Presse zum Sender. Es gehört eine Menge Chuzpe dazu, da den Sendern unbotmäßige Konkurrenz vorzuwerfen. Allein, die Sender haben in der Öffentlichkeit keine Fürsprecher. Sie sind zwischen Verlagen und Politik eingekeilt. Wer verhindert da, dass als letztes öffentliches Gut auch die Informationsfreiheit privatisiert wird? Wir haben alle ein Interesse an starken öffentlich-rechtlichen Sendern. Das Recht auf freien und allgemeinen Zugang zu möglichst objektiven Informationen muss gegen die kommerziellen Interessen von Apple und Google und der Printverlage verteidigt werden.