S21-Gegner Sittler Nazi-Vergleich von CDU-Generalsekretär empört Opposition

Schauspieler Sittler: Erklärter Gegner des Bauprojekts Stuttgart 21
Foto: Uwe Anspach/ dpaStuttgart - Er gilt als einer der prominentesten Gegner des milliardenschweren Bauprojekts : Walter Sittler, 57, Schauspieler. Bei Demonstrationen gegen den Umbau des Bahnhofs in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs gab er auch schon mal das Kommando zum "Schwabenstreich", dem lautstarken Trillerpfeifenprotest - nun will die Landes-CDU ihn offenbar mit fragwürdigen Methoden in Verruf bringen.
Dass sein Vater ein Nazi war, hatte Sittler nicht verschwiegen. Dennoch wies Baden-Württembergs CDU-Generalsekretär Thomas Strobl nun noch einmal ausdrücklich auf dieses Kapitel in Sittlers Familiengeschichte hin - und löste damit Empörung aus. In einem Newsletter veröffentlichte Strobl ein Foto Sittlers und die Bildzeile: "Sein Vater war Nazi-Funktionär und arbeitete für Reichspropagandaminister Joseph Goebbels: Walter Sittler, Propagandist der S21-Bewegung."
Baden-Württembergs SPD-Generalsekretär Peter Friedrich reagierte empört auf Strobls Vorstoß. "Er muss sich entschuldigen", sagte Friedrich SPIEGEL ONLINE. Strobl bediene "unterstes Niveau" und diskreditiere Persönlichkeiten, "deren demokratischer Leumund völlig außer Zweifel steht". Mit der Dialogbereitschaft der CDU bei dem umstrittenen Bahnprojekt sei es nicht weit her, wenn Menschen mit anderer Meinung in solcher Weise verunglimpft würden.
Tatsächlich ließ Strobl am Dienstagabend eine Entschuldigung folgen. Er sei in "der von beiden Seiten emotional geführten Debatte über Stuttgart 21 über das Ziel hinausgeschossen", heißt es in einem Schreiben, das von der CDU Baden-Württemberg veröffentlicht wurde. Sittler habe die Entschuldigung angenommen.
Der Schauspieler hatte zuvor zum Vorgehen des CDU-Politikers gesagt: "Jetzt geht das los, dass sie wieder mit Sachen um sich werfen, weil sie keine Argumente haben - nur um auf jeden Fall Schaden anzurichten." Nach ersten Gefühlen der Verletzung sei ihm aber klar geworden: Strobl habe mit der Veröffentlichung ein Eigentor geschossen.
Die Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern von Stuttgart 21 sind seit Monaten völlig verhärtet - daran konnten auch die Schlichtungsgespräche unter der Leitung von Heiner Geißler bislang nichts ändern. Der Angriff Strobls vergifte die Atmosphäre weiterhin, anstatt die Friedenspflicht einzuhalten, sagte Sittler. "Er will das gar nicht. Das sind keine guten Voraussetzungen für die Gespräche."