Fußball-Affäre bei Saarland-SPD "Rote Hosen" in der Defensive
80.000 Euro in fünf Jahren - die SPD-Fraktion im Saarland hat sich ihre Fußballmannschaft von 2004 bis 2009 einiges kosten lassen. Fraktionschef und Teammitglied war der heutige Justizminister Heiko Maas. Nun hat die Staatsanwaltschaft Fragen.
Dass man sich mit dem Thema Fußball in der Politik schnell ins Abseits schießen kann, wissen sie in der saarländischen SPD spätestens seit dem Rücktritt des ehemaligen Bundesverkehrsministers Rheinhard Klimmt. Der Ex-Ministerpräsident war im Jahr 2000 über einen Strafbefehl gestolpert, den ihm sein Engagement beim 1. FC Saarbrücken eingebracht hatte.
Passend zur WM steht das Thema Ballbegeisterung im Saarland wieder auf der politischen Agenda. Im Fokus: die "Roten Hosen", die Fußballmannschaft der SPD-Landtagsfraktion. Der Rechnungshof des Saarlands hat jüngst die Verwendung von Fraktionsmitteln geprüft und auch kontrolliert, wie die SPD mit Steuergeldern umgeht. Die Kontrolleure kritisieren unter anderem die hohen Ausgaben für die Laienkicker - insgesamt rund 80.000 Euro wurden für die Mannschaft in der Legislaturperiode 2004 bis 2009 aufgewandt.
Fraktionschef war damals SPD-Mann Heiko Maas, heute Bundesjustizminister. Besonders ins Geld gingen jährliche Fahrten zu einem Altherren-Turnier in Höchenschwand im Schwarzwald. In Summe wurden allein dafür in fünf Jahren 46.000 Euro ausgegeben.
Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen drei ehemalige Mitarbeiter der Fraktion. Im Raum steht der Vorwurf der Untreue, angeblich kam von den Unkostenbeiträgen, die für die Reisen eingesammelt wurden, nur ein Bruchteil auf dem Fraktionskonto an. Doch das fiel offenbar jahrelang niemandem auf.
"Politischer Dialog mit den Anwesenden und Zuschauern"
Maas schweigt bislang - und gerät damit immer mehr in die Defensive. Das hat er vor allem der aktuellen Fraktion in seinem Heimatland zu verdanken. Die hatte zuerst umfassende und zeitnahe Aufklärung angekündigt, die Staatsanwaltschaft dann aber wochenlang auf angeforderte Unterlagen warten lassen. Für diese Woche hat man nun endlich eine Lieferung angekündigt.
Darauf wollte die Staatsanwaltschaft Saarbrücken offenbar nicht warten. Am Dienstag haben die Ermittler im Schwarzwald ein Wellnesshotel und eine Reha-Klinik durchsucht. Es geht um Belege und Rechnungen für die Fahrten der saarländischen Fraktionskicker - und längst nicht mehr nur um den Zeitraum 2004 bis 2009. Ein Großteil der Untreuevorwürfe wäre da schon verjährt. In den Fokus rücken deshalb nun auch die Ausflüge nach 2009.
Bei der letzten Reise nach Höchenschwand im Jahr 2012 trug sich Heiko Maas bereits als saarländischer Wirtschaftsminister ins Goldene Buch der Stadt ein. Das Turnier fiel in diesem Jahr aus, es gab nur ein Freundschaftsspiel, dass die Saarländer 7:1 verloren. Ein Maas-Sprecher erklärte, der Trip sei eine reine Privatreise gewesen, der Minister habe "Übernachtung und Verpflegung für sich und seine Familie" selbst bezahlt.
Die SPD-Fraktion müht sich derweil weiterhin, zu erklären, welch wichtige Rolle der Mannschaft im politischen Spiel zukomme, die Truppe werde für "Öffentlichkeitsarbeits- und Repräsentationszwecke" eingesetzt. Die Abgeordneten würden bei Sportfesten und Turnieren stets den "politischen Dialog mit den Anwesenden und Zuschauern" suchen und "über die Arbeit im Parlament" informieren. Auch im Schwarzwald.
Viele Abgeordnete können sich an nichts erinnern
Wer da jedoch alles im Fraktionstrikot auflief, ist noch immer unklar. Auffällig ist: Von den damaligen Abgeordneten können sich die meisten nur daran erinnern, dass sie bei den Fahrten nach Höchenschwand definitiv nicht dabei waren. Aber wer war dann auf Fraktionskosten vor Ort? Auf den Gruppenfotos ist als politisches Gesicht aus dem Saarland oft nur der damalige Fraktionschef Heiko Maas zu erkennen.
Auf Nachfrage räumte ein Sprecher der Fraktion ein, dass "nicht ausgeschlossen werden kann, dass aus den Reihen der Abgeordneten bei einzelnen Auftritten in Höchenschwand lediglich der Fraktionsvorsitzende Teammitglied war". Es sei bei einer solchen Mannschaft aber absolut üblich, dass die Reihen auch mit Nicht-Parteimitgliedern "aus dem Umfeld" aufgefüllt würden.
Die politischen Gegner verhalten sich am Spielfeldrand bislang auffallend ruhig. Abgesehen von kleinen Sticheleien herrscht Ruhe im Parlament an der Saar. Kein Wunder - beim großen Koalitionspartner CDU sind selbst leidenschaftliche Ballfreunde am Werk. Die stolz betonen, für den "FC Union Saar" jährlich nur 1300 Euro auszugeben.