Sachsen AfD-Landeschef wettert gegen Energiewende - und verdient Geld mit Solarstrom

Sachsens AfD-Chef Jörg Urban ist ein scharfer Kritiker des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Dabei profitiert er nach Informationen des SPIEGEL und "Frontal 21" seit Jahren von der eigenen Solaranlage.
Von Arndt Ginzel und Steffen Winter
Sachsens AfD-Chef Jörg Urban: Eine Solaranlage "aufs Dach gebaut"

Sachsens AfD-Chef Jörg Urban: Eine Solaranlage "aufs Dach gebaut"

Foto: Filip Singer/epa-efe/rex

Es gibt Themen, bei denen kommt Jörg Urban richtig in Fahrt. Bei der "sogenannten Energiewende" etwa. Da beschwert sich Sachsens AfD-Chef und Spitzenkandidat für die anstehende Landtagswahl darüber, dass Deutschland "ohne Not aus der Atomenergie ausgestiegen" sei. Oder er lamentiert über Milliardenpleiten in der Solarindustrie und "massiv gestiegene Strompreise". Was er fordert, steht längst auch im "Regierungsprogramm" seiner Partei: der sofortige Ausstieg aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Im Netz sind die Forderungen Urbans zuhauf zu finden, es gibt dazu sogar ein Bild, das den AfD-Mann vor langen Reihen mit Solarmodulen zeigt. "Energiewende sofort beenden", steht darüber.

Was bisher niemand wusste - und was offensichtlich auch niemand wissen sollte: Nach Recherchen des ZDF-Magazins "Frontal21" und des SPIEGEL sind Urban und seine Frau Tatjana selbst Betreiber einer Solaranlage, der Politiker profitiert also persönlich vom Solarstrom und damit vom EEG.

Im Dezember 2007 gründete Urban mit drei Mitstreitern die GLH-Solar GbR mit Sitz in Bahra im Landkreis Meißen. Als Gegenstand des Unternehmens wird die Projektierung, Errichtung und der gewinnbringende Betrieb einer Fotovoltaikanlage angegeben. 2008 geht das Projekt auf dem Grundstück der Grünen Liga Hirschstein in Betrieb, Urban war einst Geschäftsführer des Umweltverbands.

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Der Politiker ist lange Zeit geschäftsführender Gesellschafter der Solar-GbR. Erst Ende Januar 2019, so geht aus einer dem ZDF und dem SPIEGEL vorliegenden Mail hervor, legte er die Geschäftsführung im Streit nieder.

Im Landtag ist das Öko-Engagement des Politikers unbekannt. Bei den veröffentlichungspflichtigen Angaben zu Nebentätigkeiten gibt der Wasserbauingenieur an, er sei im Nebenerwerb Landwirt, und seine Tätigkeit als selbstständiger Projektmanager ruhe. Dass der stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses womöglich privates Interesse an Fotovoltaik hat, bleibt verborgen. Auch dann, als er im Parlament eine Anfrage stellt, welche Kosten auf Eigentümer von Solaranlagen bei der Entsorgung alter Module zukommen.

Urban droht Ärger mit Landtag

Im Dresdner Stadtrat, dem Urban auch angehört, geht der AfD-Mann noch weiter. In einer Debatte zum Klimaschutz sagte Urban: "Sie wollen nun weitere Dächer in der Stadt mit technischen Anlagen vollstellen, die eigentlich niemand braucht und die nach zehn oder 20 Jahren zusätzlicher Müll sind. Ressourcenverschwendung vom Feinsten. Bei Fotovoltaikanlagen ist das offensichtlich, außer der Verteuerung des Stromes bewirken sie nur den Material- und Energieverbrauch für ihre Herstellung."

Ausweislich der Steuerunterlagen der GbR hat Urban mit seiner Anlage vor allem Gewinn erwirtschaftet. Urban selbst erklärt auf Nachfrage, er habe wie viele andere auch eine Solaranlage "aufs Dach gebaut". Auf die GbR angesprochen fragt der Politiker: "Welche GbR?" Und: Dies habe mit der Politik der AfD "sehr, sehr wenig zu tun". Dass er geschäftsführender Gesellschafter war, streitet Urban ab. Weitere Fragen wollte er nicht beantworten.

Ärger könnte Urban nun vom Landtag drohen. Die Transparenzinitiative LobbyControl sieht einen Interessenkonflikt zwischen dem Umweltpolitiker Urban und dem Solaranlagenbetreiber Urban. Aus Sicht der Initiative hätte er sein Engagement veröffentlichen müssen. Sollte die Landtagsverwaltung das ähnlich sehen, drohen dem AfD-Chef Sanktionen.


Mehr zum Thema im investigativen Magazin "Frontal 21" am Dienstag, 20. August, um 21 Uhr im ZDF.

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