Stadtratsvorsitzender in Magdeburg CDU-Politiker wettert gegen Drosten und »Zentralkomitee Merkel«

Er fordert »Freiheit statt Merkel«, will SPD, Grüne und Linke vor einem politischen Gericht sehen. In Magdeburg sorgt ein CDU-Kommunalpolitiker für Aufregung. Linke und Grüne in Sachsen-Anhalt sind entsetzt.
CDU-Politiker Michael Hoffmann: Seine Formulierungen in den sozialen Netzwerken seien »etwas überspitzt«

CDU-Politiker Michael Hoffmann: Seine Formulierungen in den sozialen Netzwerken seien »etwas überspitzt«

Foto: Christian Schroedter / imago images

Der CDU-Stadtratsvorsitzende in Magdeburg, Michael Hoffmann, sorgt mit Angriffen auf die Corona-Politik der Bundeskanzlerin für Empörung in der sachsen-anhaltischen Landespolitik. Hoffmann verglich Angela Merkel in dieser Woche zum wiederholten Mal mit dem höchsten Parteiorgan der SED in der DDR.

In einem Post auf Facebook schrieb er am Dienstagmorgen: »Jetzt reicht es aber endgültig. Das erinnert mich nun doch ganz ganz schlimm an das kommunistische System. War da aus dem ZK der SED noch irgendein Mittel über? FREIHEIT statt Merkel.« Dazu teilte er einen Artikel, in dem es heißt, Merkel habe gesagt, die Corona-Pandemie sei der Regierung entglitten.

Schon zuvor hatte er einen ähnlichen Beitrag auf Facebook gepostet, der innerhalb der CDU Sachsen-Anhalt für Aufsehen sorgte. Darin teilte er ein Video des russischen Staatssenders Russia Today, in dem der Virologe Christian Drosten zu sehen ist. Hoffmann kommentierte: »Dem Typen glaube ich kein einziges Wort mehr. Zudem ist der vom Zentralkomitee Merkel gesteuert.«

Ebenfalls forderte er bei Facebook, SPD-, Grünen- und Linkenpolitiker, die sich eine rot-rot-grüne Regierung wünschen, vor ein politisches Gericht zu stellen, zudem warnte er vor einer »anti-christlichen Unterwanderung von Türken und anderen«, die es zu verhindern gelte.

»Etwas überspitzt«

Dem SPIEGEL sagte Hoffmann, er gebe zu, dass seine Formulierungen in den sozialen Netzwerken »etwas überspitzt« seien. Er sehe es jedoch so, dass die Kanzlerin und der Virologe Drosten »Angst und Schrecken« verbreiten würden.

Den Vergleich mit dem SED-Zentralkomitee rechtfertigte Hoffmann mit dem Hinweis, dass er sich beispielsweise nicht sicher sei, ob die Wahl Armin Laschets zum neuen Bundesvorsitzenden der CDU »so zufällig« gewesen sei. Er stehe für einen anderen Kurs in der Partei und hätte sich Friedrich Merz als neuen Parteichef gewünscht. Dies bringe er nun auch auf Facebook zum Ausdruck.

Hoffmann wird als einer der möglichen CDU-Kandidaten für die Wahl des Oberbürgermeisters in Magdeburg gehandelt. Noch in diesem Jahr will SPD-Oberbürgermeister Lutz Trümper nach 20 Jahren sein Amt abgeben. Die CDU rechnet sich Chancen aus, ihn zu beerben. Als mögliche Kandidaten gelten auch CDU-Bürgermeister Klaus Zimmermann und der liberal eingestellte CDU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Tobias Krull. »Herr Hoffmann muss selbst wissen, wie er sich auf solchen Plattformen verhält«, sagte Krull dem SPIEGEL. »Ich würde mich jedenfalls nicht so äußern.«

Bei den anderen Parteien sorgen Hoffmanns Ausfälle für Empörung. »Jeder outet sich, so gut er kann«, sagte Grünen-Landeschef Sebastian Striegel. »Was da von einem herausgehobenen CDU-Kommunalpolitiker aus der Landeshauptstadt ins Netz geblasen wird, ist nicht nur abseitig, sondern in einer Pandemie potenziell lebensgefährlicher Unsinn.« Dies sei »ein Schlag ins Gesicht der über 1600 sachsen-anhaltischen Corona-Toten, ihrer Angehörigen und Freunde. In der Krise braucht es verantwortliches Handeln. Gerade von Politikern«, so der Grünenpolitiker gegenüber dem SPIEGEL.

Grüne und SPD waren auf Landesebene immer wieder mit ihrem Koalitionspartner CDU wegen des Vorwurfs der mangelnden Abgrenzung zur AfD aneinandergeraten. Ein Teil des christdemokratischen Landesverbands wünscht sich eine Zusammenarbeit mit der AfD, darunter zwei Fraktionsvizes im Landtag.

Kürzlich hatte sich die Keniakoalition in Sachsen-Anhalt über die Frage der Erhöhung des Rundfunkbeitrags gestritten und wäre zum wiederholten Mal fast zerbrochen. Als der damalige Landesvorsitzende Holger Stahlknecht in einem Interview die Möglichkeit einer Minderheitsregierung ins Spiel brachte, die eine Zusammenarbeit mit der AfD wahrscheinlich gemacht hätte, wurde er von Ministerpräsident Reiner Haseloff aus dem Kabinett geworfen. Der Unmut im rechten CDU-Flügel wuchs zuletzt durch die Wahl von Armin Laschet zum neuen Parteichef.

Henriette Quade, innenpolitische Sprecherin der Linken, sagte dem SPIEGEL: »Der Fall Hoffmann reiht sich in den Fall Möritz ein. Der rechte Teil der CDU Sachsen-Anhalt ist im Sprachgebrauch nicht mehr zu unterscheiden von der rechtsextremen AfD. Die CDU-Landesspitze sollte dringend klären, welches Verhältnis sie zu ihrem rechten Flügel in der Partei hat.«

Vor knapp anderthalb Jahren hatte ein rechter CDU-Kommunalpolitiker für heftige Debatten in Sachsen-Anhalt gesorgt. Der Kreisvorstand Robert Möritz trug eine sogenannte Schwarze Sonne am Ellenbogen, ein bei Rechtsextremen als Erkennungssymbol beliebtes Motiv. Überdies war er 2011 als Ordner bei einer Neonazidemo dabei und gestand dies erst im Laufe der Affäre ein. Schließlich trat er aus der CDU aus.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren