SPIEGEL-Umfrage Wagenknecht-Partei könnte auf großen Zuspruch bei AfD-Wählern hoffen

Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht (l.), ihr Ehemann Oskar Lafontaine, Frauenrechtsaktivistin Alice Schwarzer (am 25. Februar bei der »Aufstand für Frieden«-Kundgebung in Berlin)
Foto:Monika Skolimowska / dpa
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Krempelt eine Spaltung der Linken das Parteiensystem um? Sahra Wagenknecht hat jüngst angekündigt, bei der kommenden Bundestagswahl nicht mehr für die Linke anzutreten. Sie wolle sich nach Ablauf der Legislaturperiode entweder aus der Politik zurückziehen und als Publizistin und Buchautorin arbeiten, »oder es ergibt sich politisch etwas Neues«.
Bisher wich Wagenknecht, seit etwa 30 Jahren mit der Linken im Dauerstreit, in Interviews der Frage aus, ob sie zur Europawahl 2024 mit einer eigenen Partei antreten wolle. Nach SPIEGEL-Informationen drängen einige Unterstützer zu dem Schritt, Wagenknecht hat aber noch keine Entscheidung getroffen. In Linkenkreisen ist die Rede davon, Wagenknecht würde eine »Querfrontpartei« aufbauen, also ein Bündnis aus einer sehr rechten und linken Anhängerschaft.
Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den SPIEGEL zeigt nun erneut, dass eine mögliche Wagenknecht-Partei vor allem für bestimmte Wählergruppen interessant sein könnte.
So können sich der Erhebung zufolge 25 Prozent der Bevölkerung grundsätzlich »auf jeden Fall« oder »eher« vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. 67 Prozent antworten ablehnend. (Mehr zur Civey-Methodik lesen Sie hier.)
Am größten ist der Zustimmungswert bei der Anhängerschaft der AfD – 64 Prozent bejahen hier die Frage. Bei der Wählerschaft der Linken sind es 53 Prozent. Allerdings ist bei der Aufsplittung nach Parteipräferenzen die statistische Ungenauigkeit deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung. Doch selbst wenn man dies berücksichtigt, liegen die Werte bei AfD und Linken immer noch deutlich über denen der anderen Parteien.
Zustimmung in Ostdeutschland etwa doppelt so hoch wie im Westen
Schon im November hatte Civey die Frage nach möglichem Zuspruch für eine Wagenknecht-Partei gestellt. Damals gaben 30 Prozent der Befragten an, sich grundsätzlich vorstellen zu können, diese zu wählen.
Vergleichsweise hoch ist der Wert in Ostdeutschland. Hier könnten sich 41 Prozent grundsätzlich vorstellen, für eine neu gegründete Partei um Wagenknecht zu stimmen. Im Westen sind es 19 Prozent.
Streit über Kundgebung in Berlin beschäftigt die Linke noch immer
Zuletzt hatte es wegen Wagenknecht heftige Auseinandersetzungen in der Linken gegeben. So distanzierte sich die Parteiführung und der Landesvorstand in Nordrhein-Westfalen, Wagenknechts Landesverband, von der von ihr mitinitiierten Kundgebung »Aufstand für Frieden« in Berlin, bei dem AfD-Politiker und Rechtsextreme zugegen waren.
Eine interne E-Mail der Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft »Frieden und Internationale Politik« der Linken, Isabelle Casel, löste zusätzliche Irritationen aus . Sie verteidigte die Kundgebung. Die glühende Wagenknecht-Anhängerin warnte, wenn Russland besiegt werden solle, würde das bedeuten, »dass dann mindestens auch die Ukraine, möglicherweise ganz Europa oder die ganze Welt in Schutt und Asche liegt und ruiniert ist«.
Als Vergleich nahm Casel den Zweiten Weltkrieg. »Und wer da nun wieder mit Hitler kommt. Nein es war nicht richtig ganz Deutschland mit seiner Zivilbevölkerung in Schutt und Asche zu legen mit den Bombardierungen der Alliierten sogar noch nach Kriegsende«, schreibt Casel.
Es habe »Kriegsverbrechen auf ALLEN Seiten« gegeben. Vorwürfe, sie relativiere damit die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes, bestreitet die Linkenpolitikerin.