Hassvideo Deutscher Salafist ruft zu Selbstmordanschlägen auf

"Ich zünde die Bombe inmitten der Menge": In einem neuen Hassvideo, das in islamistischen Internetforen veröffentlicht wurde, ruft ein deutscher Dschihadist zu Selbstmordattentaten auf. Die Behörden nehmen den Film ernst.
Propagandavideo von "Abu Talha al-Almani": "Ich warte auf den Tod"

Propagandavideo von "Abu Talha al-Almani": "Ich warte auf den Tod"

Hamburg/Düsseldorf - Es sind knapp vier Minuten Hass und Menschenverachtung, mit denen sich einer der meistgesuchten deutschen Salafisten zurückmeldet. In dschihadistischen Internetforen ist ein neues Kampflied von Denis Cuspert aufgetaucht, in dem dieser zu Selbstmordattentaten gegen Zivilisten aufruft.

Cuspert ist eine der schillerndsten Figuren der wachsenden deutschen Islamistenszene. Einst nannte er sich Deso Dogg, war ein Berliner Gangsta-Rapper, der über Frauen, Drogen und schnelle Autos rappte. 2010 dann der Bruch: Cuspert beendete seine HipHop-Karriere und wandelte sich zum radikalen Islamisten. Erst nannte er sich Abu Malik, später Abu Talha al-Almani.

Der Musik blieb er treu, wenn auch auf ganz andere Weise als zuvor. Unter seinem neuen Namen hat Cuspert unter dem Zeichen der Globalen Islamischen Medienfront mehrere religiöse Kampflieder, sogenannte Anaschid, veröffentlicht, in denen er den Dschihad verherrlicht. Darin preist er mal Osama Bin Laden, mal feiert er den "Löwen Murat K.", der am Rande einer Kundgebung in Bonn im vergangenen Jahr mehrere Polizisten schwer verletzt hatte und inzwischen eine sechsjährige Haftstrafe absitzt.

Im Dezember 2012 hatte Cuspert in einem Video dazu aufgerufen Deutsche als Geiseln zu nehmen, um Murat K. freizupressen. "Solche Videos können gewaltbereite Salafisten weiter anstacheln. Deshalb haben die Behörden die Protagonisten dieser Szene weiter stark im Visier", sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) damals SPIEGEL ONLINE.

Sicherheitskreise nehmen die Drohung ernst

Nun geht der Salafist noch einen Schritt weiter. "Ich zünde die Bombe inmitten der Menge, drücke auf den Knopf", singt Cuspert. "Mitten im Zentrum oder in der U-Bahn, drücke auf den Knopf, al-Dschanna, al-Dschanna." Dschanna - das ist der arabische Name für das Paradies, in das nach Überzeugung der Dschihadisten all jene kommen, die Selbstmordattentate gegen "Ungläubige und Kreuzzügler" durchführen. Aus Sicherheitskreisen verlautete, man nehme den Film ernst und sei wachsam.

Unterlegt ist der schiefe Gesang mit Bildern der Anschläge von London 2005 sowie mit Videos, die Attentate von Islamisten in Syrien und Irak zeigen. Oben rechts prangt die schwarze Flagge von al-Qaida. Immer wieder singt Cuspert: "Ich warte auf den Tod und kann ihn nicht erwarten, bewaffnet mit Bomben und Granaten."

Diese Zeile spiegeln wohl durchaus die gegenwärtige Situation des Dschihadisten wider. Denn nach Erkenntnissen der Behörden hielt sich Cuspert zuletzt in Syrien auf. "Er hatte jedoch große Schwierigkeiten, an die Front zu gelangen", so ein hochrangiger Beamter aus Berlin. Vor einiger Zeit waren Gerüchte entstanden, Cuspert sei bei einem Gefecht in Aleppo getötet worden. Jedoch soll er sich seither wiederholt bei Vertrauten in Deutschland gemeldet haben. Insgesamt sind laut Verfassungsschutz bislang etwa 50 Islamisten aus Deutschland in das Bürgerkriegsgebiet gereist.

Im Computersystem der Polizei ist der 37-Jährige seit Juni 2012 zur "Festnahme aufgrund Haftbefehl" ausgeschrieben. Er soll sich damals zunächst nach Ägypten abgesetzt haben und später nach Syrien gelangt sein. Zuletzt hatte Cuspert Anfang Mai 2012 für Aufsehen in Deutschland gesorgt, als er bei Ausschreitungen von Salafisten in Bonn als Rädelsführer auftrat. Die dortige Polizei ermittelte daher wegen besonders schweren Landfriedensbruchs gegen ihn.

In Berlin war Cuspert in den Jahren zuvor wegen Diebstählen, Einbrüchen, Raub, Erpressung, Körperverletzung und Totschlags immer wieder in den Fokus der Polizei geraten. Und auch heute scheint er es mit dem streng islamischen Lebenswandel nicht allzu genau zu nehmen: Die Ermittler stufen ihn jedenfalls als "Konsumenten von Betäubungsmitteln" ein, wie es in einem internen Dokument des Landeskriminalamts heißt, in dem auch vor Cusperts Gewalttätigkeit und vor "Explosivstoffen" gewarnt wird. Denn die könnte er bei sich führen.

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