Oberverwaltungsgericht Sami A. muss nach Deutschland zurückgeholt werden

Sami A.
Foto: action press/ WAZ FotopoolDie Stadt Bochum muss nach einer Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts den abgeschobenen Islamisten Sami A. nach Deutschland zurückholen. Das teilte das Gericht mit. Die Abschiebung von A., der früher Leibwächter des langjährigen al-Qaida-Chefs Osama bin Laden gewesen sein soll, sei "offensichtlich rechtswidrig" gewesen.
Das OVG hat in dem Eilverfahren in letzter Instanz beschlossen. Die Stadt Bochum könnte theoretisch noch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anrufen und etwa prozessuale Verstöße geltend machen.
Der von den Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder eingestufte Sami A. war Mitte Juli nach Tunesien abgeschoben worden. Einen Tag zuvor hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass der 42-Jährige vorerst nicht abgeschoben werden dürfe. Die Gelsenkirchener Richter waren nicht überzeugt, dass Sami A. in Tunesien keine Gefahr durch Folter drohe.
Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wurde diese Entscheidung aber erst am nächsten Tag zugestellt - als Sami A. bereits im Flugzeug saß. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen warf den zuständigen Behörden wegen der schnellen Abschiebung rechtswidriges Verhalten vor und ordnete an, der Staat müsse den Tunesier unverzüglich zurückholen. Dagegen wollte sich die Stadt Bochum nun vor dem OVG wehren - ohne Erfolg.
Tunesische Justiz reagiert verhalten
Die tunesische Justiz hat verhalten auf eine mögliche Rückholung reagiert. "Prinzipiell liefert unser Land seine Bürger nicht aus, weil das gegen die Souveränität des Staates geht", sagte der Sprecher der für Terrorismus zuständigen Staatsanwaltschaft in Tunesien, Sofiane Sliti, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
Zudem gebe es noch immer Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Ex-Leibwächter des 2011 getöteten Osama bin Laden, sein Pass sei noch immer in der Hand der Behörden. Wenn Deutschland eine Rückholung erreichen wolle, müsse es erst einmal eine offizielle Anfrage ans Außenministerium geben, um die rechtlichen Umstände zu klären. Sami A. ist in Tunesien auf freiem Fuß, es besteht keine Ausreisesperre gegen ihn, er kann das Land ohne Pass aber faktisch nicht verlassen.
Sami A. lebte seit Jahren mit Frau und Kindern in Bochum. Er war 1997 zum Studium nach Deutschland gekommen. In einer früheren Entscheidung sah das OVG es als erwiesen an, dass er eine militärische Ausbildung in einem Lager der al-Qaida in Afghanistan erhalten hatte und zeitweise zur Leibgarde von Terrorchef Osama bin Laden gehörte. Anschließend soll sich Sami A. in Deutschland als salafistischer Prediger betätigt haben.
Der Tunesier hat diese Vorwürfe stets bestritten, entsprechende Zeugenaussagen gegen ihn bezeichnet er als falsch. 2006 leitete die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein, um zu klären, ob Sami A. Mitglied einer ausländischen Terrorgruppe war. Es wurde ein Jahr später eingestellt, weil sich der Tatverdacht nicht "mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden Sicherheit" erhärten lasse. Nach Angaben des Düsseldorfer Justizministeriums hat der Fall Sami A. allein zwischen 2006 und Juni 2018 schon 14-mal Gerichte in Nordrhein-Westfalen beschäftigt.