Saubermann Schily will Graffiti-Sprayer mit Hubschraubern jagen
Berlin - "Graffiti-Sprayer beschädigen unsere Häuser, zerstören unser Stadtbild, machen nicht einmal vor Denkmälern halt", sagte Schily der "Bild"-Zeitung. Die Beseitigung der Schäden koste Jahr für Jahr viele Hundert Millionen Euro. "Deshalb setzen wir die Polizei konsequent ein, auch unsere Hubschrauber."
Laut BGS wurden in Berlin acht Straftäter auf frischer Tat ertappt und festgenommen. Vier der Festnahmen erfolgten durch den Hubschrauber-Einsatz. Ebenfalls per Helikopter wurden acht Sprayer bei Vorbereitungen von Graffiti entdeckt und in Gewahrsam genommen. Wenn Anwohner sich über die Aktion beschwert hätten, dann vermutlich deswegen, weil sie keine Kenntnis vom Grund der Maßnahmen gehabt hätten, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Rainer Lingenthal. Eine vorherige Information sei jedoch nicht möglich gewesen, um den Einsatz nicht zu torpedieren. Ein Sprecher der Berliner Polizei sagte auf Anfrage, selbst seine Behörde habe am ersten Abend nicht von der Aktion Kenntnis gehabt. Lingenthal sagte: "Die Einsätze waren erfolgreich."
Anlässlich des heute in Berlin zu Ende gehenden Internationalen Anti-Graffiti-Kongresses mit rund 200 Experten habe es Hinweise gegeben, dass Sprayer deshalb in der Hauptstadt aktiv werden wollten.
Bei Innenexperten von Union, FDP und SPD traf Schily mit seinem Vorstoß auf Zustimmung. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte: "Um die Graffiti-Seuche einzudämmen, brauchen wir Hubschraubereinsätze bundesweit." Der rechtspolitische Sprecher der FDP, Jörg van Essen, lobte solche Einsätze als eine "wirksame Methode". Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz betonte: "Das könnte bundesweit funktionieren."
"Schily geht zu Recht in die Luft!"
Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) äußerte in München: "Schily geht zu Recht in die Luft!" Beim Innenminister sei "der Jäger im Mann erwacht." Leider sei der Plan nicht zu Ende gedacht. Viele festgenommene Sprayer werde er wegen der "rechtspolitischen Untätigkeit der Bundesregierung" laufen lassen müssen. Merk verwies darauf, dass bislang Graffitis nur strafbar seien, wenn eine Sachbeschädigung nachgewiesen werde.
Das Bundesinnenministerium will diese Lücke schließen. Sprecher Lingenthal sagte, wenn auch die Verunstaltungen durch Graffitis strafbar wären, könne man viel leichter dagegen vorgehen. Wenn es hier eine Lücke gebe, dann solle man sie schließen. Auch eine Sprecherin des Justizministeriums räumte ein, dass eine Strafverfolgung von Sprayern derzeit schwierig sei. Allerdings gibt es bei den Grünen Vorbehalte gegen eine Verschärfung der Strafbarkeitsregeln gegen Sprayer.
Das Innenministerium hofft, dass der Berliner Hubschraubereinsatz gegen Sprayer auf Verständnis bei den lärmgeplagten Anwohnern findet, wenn diese die Ursache des Einsatzes erfahren. Villenbesitzer wie in Berlin seien schließlich auch potenzielle Opfer von Graffiti-Schmierereien.
Ein BGS-Sprecher bestätigte, dass seine Behörde über Ostern in Köln ebenfalls mit mehreren Hubschraubern im Einsatz gewesen sei, um Sprayer zu fassen. Nach diversen Bürgerbeschwerden habe der BGS den Einsatz aber abgebrochen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums war auch dieser Einsatz erfolgreich.
Auf die Frage, ob solche Einsätze künftig öfters zu erwarten seien, sagte Schilys Sprecher Lingenthal: "Wenn es einen begründeten Hinweis darauf gibt, dass es ähnlich erfolgreich verläuft, wie es bei diesem Einsatz war, dann wird man das sicher machen."
Der Berliner Polizeisprecher bestätigte, dass im Zuge der Fahndung nach Graffiti-Sprayern ein Mensch getötet wurde. Am Donnerstagabend sei ein Motorradfahrer von einem Streifenwagen erfasst worden. Die Polizisten seien unterwegs zu einem Einsatzort gewesen, wo Sprayer am Werk gewesen sein sollen.