Schills Test Kein Koks im Haar

Bei einer Haaranalyse sind keine Hinweise auf einen Kokain-Konsum von Hamburgs Innensenator Schill gefunden worden. Dieser hatte den Test selbst angestrengt, um damit die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen Schill wegen des Verdachtes auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Hamburg - "Es wurden keine Kokainspuren gefunden", sagte ein Sprecher der "Partei Rechtsstaatlicher Offensive" am Montag in Hamburg. Schill will das Ergebnis der Analyse des Gerichtsmedizinischen Instituts in München offiziell am Nachmittag auf einer Pressekonferenz mitteilen.

Schill hatte den Haartest selbst vorgeschlagen und durchführen lassen, um das hartnäckige Gerücht zu entkräften, er habe Kokain konsumiert. Nach immer stärker werdenden Kokain-Gerüchten hatte Schill Anfang Februar öffentlich erklärt: "Ich habe nie illegale Drogen genommen". Nachdem ein anonymer Zeuge im ARD-Magazin "Panorama" den Innensenator belastet hatte, gab er am Montag vergangener Woche in München eine 16 Zentimeter lange Locke zur Drogenanalyse ab.

Experten sind sich allerdings uneins über die Aussagekraft solcher Tests. So ist etwa der renommierte Pharmakologe Fritz Sörgel überzeugt, dass durch die Münchner Analyse der Schillschen Haarpracht ein gelegentlicher Kokainkonsum nicht nachweisbar ist. "Das ist mit diesem Verfahren definitiv nicht möglich", sagte der Leiter des Instituts für pharmazeutische Forschung in Nürnberg dem NDR. Das Problem bestehe darin, dass die Münchner Gerichtsmediziner die so genannte Gesamthaaranalyse anwendeten.

Zum Fall der Haaranalyse nach Doping-Vorwürfen gegen den Sportler Dieter Baumann, die Sörgel als Gutachter zu beurteilen hatte, zieht der Wissenschaftler eine deutliche Parallele: "Auch im Fall Schill will man versuchen, mit einer völlig ungeeigneten Methode gewissermaßen einen Nichtkonsum von Kokain nachzuweisen."

Sörgel hält empfindlichere Untersuchungsgeräte und eine feine Zerteilung des Haares für erforderlich, um gelegentlichen Kokainkonsum feststellen zu können. In rechtsmedizinischen Instituten wie dem in München würden im allgemeinen kriminalistische Routinefälle behandelt, so Sörgel, "also schwere Drogenuser, da reicht diese Methode bei weitem aus. In solchen Spezialfällen wie seinerzeit bei Baumann und jetzt Schill müssen einfach wesentlich empfindlichere Methoden eingesetzt werden."

Sörgels Aussage deckt sich mit der Einschätzung von Hans Sachs. Der Toxikologe leitet die Schill-Untersuchung beim Gerichtsmedizinischen Institut in München. Dem "Hamburger Abendblatt" sagte Sachs: "Wenn jemand nur gelegentlich Kokain konsumiert, ist das möglicherweise in den Haaren nicht feststellbar. Nur bei wöchentlichem Konsum sind fast sicher Rückstände zu finden."

Anders sieht das der Hamburger Gerichtsmediziner Klaus Püschel: Auch bei Menschen, die gelegentlich Kokain nähmen, sei es wahrscheinlich, dass dies im Haar nachweisbar sei. Die Art des Kokain-Konsums spiele bei dabei keine Rolle.

Ähnlich äußerte sich der Frankfurter Rechtsmediziner Gerold Kauert. "Einen einzelnen Konsum nachzuweisen, ist keine leichte Sache", betonte er. Mit den gängigen Analysemethoden könne nur ein relevanter, das heißt mehrfacher Konsum nachgewiesen werden. "Einen Menschen, der jedes Wochenende Drogen zu sich nimmt, würden wir auf jeden Fall erkennen."

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