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Liebesbeziehung zu Minderjähriger: Kieler CDU-Chef tritt zurück

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Schleswig-Holstein CDU-Chef tritt nach Affäre mit Minderjähriger zurück

Abgang eines Shootingstars: Der Vorsitzende der schleswig-holsteinischen CDU ist wegen der Beziehung zu einer 16-Jährigen zurückgetreten. "Es war schlichtweg Liebe", sagte Christian von Boetticher unter Tränen - aber ein politischer Fehler. Er will jedoch Fraktionschef im Landtag bleiben.

Kiel - Neun Monate vor der Landtagswahl in Schleswig- Holstein tritt CDU-Spitzenkandidat Christian von Boetticher zurück. Der 40-Jährige legt sein Amt als Landesvorsitzender nieder, will aber Fraktionschef im Landtag bleiben. Von Boetticher zieht damit nach massivem Druck aus der Partei die Konsequenz aus einem inzwischen beendeten Liebesverhältnis: Der seinerzeit unverheiratete Politiker hatte im vergangenen Jahr eine Beziehung zu einer damals 16-Jährigen.

"Ja, es ist wahr, ich hatte mich im Frühjahr 2010 in eine junge Frau verliebt und bin mit ihr mehrere Monate zusammen gewesen", sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in Kiel. Er sprach von einer "ungewöhnlichen Liebe", die auch vom Umfeld akzeptiert worden sei.

Von Boetticher räumte ein, dass eine solche Beziehung, obwohl sie rechtlich legal sei, bei vielen Menschen auf moralische Vorbehalte stoße. "Es war schlichtweg Liebe." Er habe keinen privaten, wohl aber den politischen Fehler gemacht, die Bedeutung einer solchen Beziehung für eine etwaige Spitzenkandidatur nicht bedacht zu haben, sagte er unter Tränen. Er habe die "moralischen Vorbehalte bei vielen Menschen" unterschätzt. Ihm sei jetzt bewusst, dass er den an ihn gesetzten Maßstäben privat in diesem Fall nicht gerecht geworden sei.

Auf Facebook kennengelernt

Nach Berichten schleswig-holsteinischer Regionalmedien und der "Bild am Sonntag" hatten sich von Boetticher und der Teenager auf Facebook kennengelernt. Der Politiker habe mit der Jugendlichen aus Nordrhein-Westfalen zunächst Mails ausgetauscht, ab März 2010 sei es dann zu mehreren Treffen gekommen. Es habe sich um eine ernsthafte Liebesbeziehung gehandelt. Als aber die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl auf ihn zukam, habe sich von Boetticher im Mai 2010 getrennt. In seiner Erklärung betonte er, zu dem Zeitpunkt keine Beziehung zu einer anderen Frau gepflegt zu haben.

Der geschäftsführende Landesvorstand der CDU Schleswig-Holstein nahm die Entscheidung in einer Erklärung "mit Respekt zur Kenntnis". Von Boetticher habe "deutlich gemacht, dass er die moralische Komponente falsch eingeschätzt hat. Dafür hat er sich öffentlich entschuldigt und daraus mit seinem heutigen Rücktritt vom Amt des Landesvorsitzenden und dem Verzicht auf die Spitzenkandidatur die Konsequenzen gezogen", hieß es.

Diese Konsequenzen dienten "seinerseits vor allem dem Schutz seiner Privatsphäre. Wir bitten ausdrücklich, diese Privatsphäre aller beteiligten Personen jetzt auch zu schützen und zu respektieren." Die politische Leistung von Boettichers bleibe von der Affäre unberührt, sagte die stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Angelika Volquartz: "Für den geschäftsführenden CDU-Landesvorstand ist sein politisches Talent unstrittig: Schon als junger Europaabgeordneter verbanden sich große Hoffnungen mit ihm. Seine Leistungen als Umwelt- und Landwirtschaftsminister sind hoch anerkannt und bleiben es." Über die nun folgenden Schritte werde der erweiterte Landesvorstand in seiner nächsten Sitzung am Dienstag entscheiden, so Vertreterin die Nord-CDU.

Aktiv im sozialen Netzwerk

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen hatte der "Bild am Sonntag" zuvor gesagt, er sei am 1. Juli dieses Jahres über Gerüchte aus von Boettichers Privatleben informiert worden: "Ich habe ihn unverzüglich angerufen und ihn über diese Gerüchte informiert. Ich habe auf die Brisanz dieser Gerüchte hingewiesen und ihm empfohlen, sehr offen und sehr offensiv mit diesen Gerüchten umzugehen." Carstensen sehr deutlich: "Ich bin davon überzeugt, dass Christian von Boetticher auch aus diesen Gesprächen die richtigen Schlüsse ziehen wird."

Ein einflussreicher Christdemokrat im Land wurde noch deutlicher: "Das geht einfach nicht. Das kann man der Partei und der Bevölkerung insgesamt nicht zumuten".

Von Boetticher hatte sich wegen seiner Aktivitäten in dem sozialen Netzwerk bereits früher Ärger eingehandelt. Im Juni berichtete der SPIEGEL, dass von Boetticher eine Einladung zu einer politischen Diskussion ignoriert, aber auf Facebook gepostet hatte, er wolle sich am selben Abend "eine der längsten Mondfinsternisse dieses Jahrhunderts" ansehen.

Und im vergangenen Jahr hatte er via Facebook viele Christdemokraten mit Protzmeldungen von der Promi-Insel Sylt ("Christian von Boetticher Polo on the beach") oder Wein-Prahlereien verstört: "Christian von Boetticher präsentiert heute einen Fuligni Brunello di Montalcino 2004 mit 95 Punkten von Parker."

Nur neun Monate vor der Landtagswahl ist der Rücktritt von Boettichers ein Schock für die CDU und die schwarz-gelbe Koalition. Die SPD könnte profitieren. Nach einer Zeit voller Querelen um Landeschef Ralf Stegner entschied sich die Partei im Februar für Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig als Spitzenkandidaten für die Wahl. Die Chancen der Sozialdemokraten, schon bald Regierungsverantwortung übernehmen zu können, dürften nun weiter gestiegen sein.

jdl/sef/dpa/dapd
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