Schuldenkrise SPD wirft Schäuble Euro-Tricksereien vor

Kanzlerin Merkel, Schäuble (CDU): Offen für das Vorziehen des dauerhaften Rettungsfonds
Foto: Wolfgang Kumm/ dpaBerlin - Wenige Tage vor der wichtigen Abstimmung über den Stabilisierungsfonds EFSF sorgen mögliche neue Euro-Rettungsmaßnahmen für Aufregung. Die SPD wirft der Bundesregierung vor, Planspiele zur Stärkung des europäischen Rettungsfonds zu verschleiern. "Die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister müssen vor der Abstimmung am Donnerstag ihre wahren Absichten offenlegen", forderte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider.
"In Washington und Brüssel planen sie bereits neue Milliarden-Programme und in Deutschland wird der Bundestag und die Öffentlichkeit hinters Licht geführt. Das ist nicht akzeptabel", sagte er SPIEGEL ONLINE. Schneider betonte, dass es eine substantielle Beteiligung der Banken an der Stabilisierung der Euro-Zone brauche. "Die Kosten dürfen nicht beim Steuerzahler hängenbleiben."
Hintergrund von Schneiders Kritik ist die jüngste Debatte über signifikante Änderungen an den bisherigen Plänen der Europäer zur Rettung Griechenlands und zur Bekämpfung der Schuldenkrise. Am Wochenende war am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds in Washington darüber diskutiert worden, die finanzielle Schlagkraft des Euro-Rettungsfonds EFSF zu erhöhen und den dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM vorzuziehen.
Schäuble offen für Vorziehen des ESM
US-Finanzminister Timothy Geithner hatte die Europäer eindringlich zur Eindämmung der Schuldenkrise aufgefordert. Auch in Brüssel fordert man neue Schritte. "Wir denken über Möglichkeiten nach, den EFSF mit zusätzlicher Hebelwirkung auszustatten, um ihm mehr Stärke zu verleihen", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn der "Welt". Diese Maßnahme solle zusätzlich zu der bereits im Juli beschlossenen Ausweitung der Aufgaben des Rettungsschirms erfolgen, fügte er hinzu.
Während Finanzminister Wolfgang Schäuble die Stärkung der Hebelwirkung des EFSF skeptisch sieht, kann er sich eine schnellere Umsetzung des ESM durchaus vorstellen. Der CDU-Politiker sagte, er sei prinzipiell offen für die Idee, den ESM von 2013 auf 2012 vorzuziehen. Es gelte allerdings abzuwarten, wie sich die Umsetzung des Vertrags in den Euro-Mitgliedstaaten gestalte.
"Ein klassisches amerikanisches Gedankenspiel"
Schäubles Äußerungen sorgen auch in der Koalition für Unruhe. CSU-Chef Horst Seehofer lehnt ein Vorziehen des geplanten dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM ab. Seehofer sagte am Montag vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München, er halte von diesem Vorschlag "gar nichts". Er lehnte ferner auch eine Ausweitung der bisher vereinbarten Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Schuldenkrise ab. Seehofer äußerte sich zugleich überzeugt davon, dass die schwarz-gelbe Koalition in Berlin nicht an der Euro-Debatte zerbrechen werde. Allerdings sei die Situation schwierig. Die Union müsse nun verstärkt um das Vertrauen der Wähler werben.
Auch die FDP wandte sich umgehend gegen die Spekulationen über eine Stärkung des Euro-Rettungsschirms. Bei diesen Überlegungen handle es sich um ein "klassisch amerikanisches Gedankenspiel, das so nicht funktioniert", sagte der FDP-Finanzexperte Otto Fricke im Bayerischen Rundfunk. Eine weitere Verschuldung könne nicht die Lösung sein. Der US-Vorschlag orientiere sich an dem Motto: "Wir haben ein Problem und nehmen jetzt so viel Geld wie möglich in die Hand, nennen das ganz martialisch Fire-Power und haben dann das Problem gelöst."
Generalsekretär Christian Lindner forderte Merkel auf, die Debatte um weitere Änderungen zu beenden. "Veränderungen am EFSF sind für uns nicht diskutabel", sagte er drei Tage vor der entscheidenden Abstimmung im Bundestag über den Rettungsschirm.