Schwarz-gelber Bundespräsidenten-Kandidat Wulff will den Deutschen Mut machen
Berlin - Der Poker um die Präsidentenkandidaten ist zu Ende: Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff, 50, soll als Nachfolger des zurückgetretenen Horst Köhler als Bundespräsident ins Schloss Bellevue einziehen. Kanzlerin Angela Merkel, Außenminister Westerwelle und CSU-Chef Seehofer präsentierten ihren Kandidaten am Abend in Berlin der Öffentlichkeit.
Merkel beschrieb Wulff als jemanden, "der immer neugierig auf Menschen ist", der "kreativ mit Menschen umgeht". Außerdem stehe Wulff für ein "Wertesystem, das Orientierung gibt", sagte die Kanzlerin. "Insoweit halte ich ihn für einen wunderbaren zukünftigen Bundespräsidenten." Er übernehme in der Weltwirtschaftskrise Verantwortung für Deutschland.
Wulff kündigte an, er wolle dem Land dienen und den Bundesbürgern Mut machen. "Ich freue mich auf die Aufgabe. Ich denke, man kann die Menschen zusammenführen, etwas für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft tun, Mut machen, auch Optimismus in schwierigen Zeiten machen." Zugleich betonte er: "Natürlich habe ich auch ein bisschen Wehmut, dass Horst Köhler zurückgetreten ist in dieser Woche." Er spüre auch Wehmut, dass er nicht mehr Regierungschef sein werde. Sein Haus in Niedersachsen sei aber gut bestellt.

Christian Wulff: Der sanfte Strippenzieher
Merkel hatte sich mit FDP-Chef Guido Westerwelle und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer auf die Kandidatur Wulffs verständigt. Westerwelle nannte Wulff einen Mann mit einem "klaren inneren Kompass", der es verstehe, für alle Bürger da zu sein. Die FDP arbeite mit ihm auf Bundes- und Landesebene ganz vorzüglich zusammen. "Wir bekommen einen sehr guten Bundespräsidenten." Er rechne fest mit einer klaren Mehrheit.
Seehofer sagte, das CSU-Präsidium habe einstimmig beschlossen, Wulff als Kandidaten für das oberste Staatsamt zu nominieren. Wulff habe als Ministerpräsident Niedersachsens hervorragende Arbeit geleistet. "Wir sind sehr überzeugt, dass er für alle Bevölkerungsschichten und für alle Regionen unseres Vaterlandes eine erfolgreiche Arbeit leisten wird."
McAllister würde in Hannover übernehmen
In den vergangenen Tagen hatte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als Favoritin gegolten. Doch es gab Widerstände in der Union - und das Problem, sie in einem Schlüsselressort des schwarz-gelben Kabinetts zu ersetzen. Wulff dagegen steht in den Augen vieler Koalitionäre für Schwarz-Gelb und hat politische Erfahrung.
Das Ziel von Schwarz-Gelb war, rasch einen Köhler-Nachfolger zu haben - möglichst vor der Sparklausur des Kabinetts am Sonntag und Montag. Von FDP und CSU hatte Merkel freie Hand für einen Vorschlag bekommen.
Der gebürtige Osnabrücker Wulff ist seit 2003 an der Spitze einer CDU/FDP-Koalition niedersächsischer Ministerpräsident. Außerdem gehört er als stellvertretender Parteichef zum engsten Führungskreis der CDU. Wulff wäre im Falle seiner Wahl nach seinem hessischen Kollegen Roland Koch der zweite CDU-Vize, der ausfällt. Für Wulff muss in Niedersachsen außerdem kurzfristig ein Nachfolger gefunden werden. Der 39 Jahre alte CDU-Landes- und Fraktionschef David McAllister gilt in Hannover seit langem als "Kronprinz".
Der neue Präsident soll am 30. Juni von der Bundesversammlung gewählt werden. Sie besteht aus 622 Bundestagsabgeordneten und 622 Ländervertretern. Schwarz-Gelb hat dort eine satte Mehrheit von mindestens 21 Stimmen.
SPD und Grüne nominieren Gauck
SPD und Grüne wollen mit Joachim Gauck als Kandidaten in die Bundesversammlung am 30. Juni ziehen. Das sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag in Berlin. Es sei "unglaublich", dass die Regierungsmehrheit keinen überparteilichen Kandidaten angeboten habe und diesem auf diese Weise eine breite, überparteiliche Mehrheit gesichert habe. In der gegenwärtigen Krise sei dies ein "Fehler" und "schlechter Stil".
Die Präsentation von Christian Wulff als Kandidat offenbare "eine Niederlage" für Merkel, die sich mit ihrer Favoritin von der Leyen nicht habe durchsetzen können. Sie habe sich dem Druck aus der eigenen Partei beugen müssen. Offenbar sei Wulff für den konservativen Flügel der CDU akzeptabler als von der Leyen.
Der 67-jährige Köhler hatte am Montag völlig unerwartet das höchste Staatsamt nach sechs Jahren aufgegeben - wegen Kritik an missverständlichen Formulierungen zum Bundeswehreinsatz im Ausland. Er wird gut zwei Wochen nach seinem sofortigen Rücktritt am 15. Juni feierlich verabschiedet. Bundesratspräsident Jens Böhrnsen lud ihn zu einem Großen Zapfenstreich vor dem Schloss Bellevue ein, Köhler soll zugesagt haben.
Wullfs Ehefrau Bettina freut sich schon auf Aufgaben als "First Lady". "Wir müssen sehen, was auf uns zukommt. Dann werde ich sicher meine Rolle finden", sagte sie in Hannover. "Ich freue mich für meinen Mann und für das Vertrauen, das in ihn gesetzt wird." Es sei auch eine gemeinsame Entscheidung gewesen, dass er für das Amt zur Verfügung stehe. "Wenn es so wird, dann freue ich mich auf die Aufgaben", sagte die 36-Jährige. "Dann werden wir sehen, wie wir das mit der Familie koordinieren."