Schweizer Konten Parteien streiten über Steuersünder-CD
Berlin - Regierung und Opposition diskutieren, ob der Ankauf einer heiklen Liste mit den Namen von 1500 mutmaßlichen deutschen Steuersündern in der Schweiz rechtmäßig wäre. SPD-Finanzexperten raten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Kauf einer CD, für die ein unbekannter Informant 2,5 Millionen Euro verlangt. "Die angebotene CD enthält offenbar entscheidende Daten, die zur Aufklärung von zahlreichen Straftaten im Bereich der Steuerhinterziehung führen können", sagte die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Nicolette Kressl.
Der Vorsitzende des Bundestagsfinanzausschusses, Volker Wissing (FDP), will zunächst eine Prüfung abwarten. "Der Finanzminister ist gut beraten, zu klären, ob diese Daten rechtlich einwandfrei erworben werden können", sagte er der "Welt am Sonntag". Derzeit prüfen die Finanzbehörden die Rechtslage. Es sei ein Abwägungsprozess, ob der Staat offensichtlich gestohlene Daten ausländischer Bankinstitute aufkaufen solle. Mache man Fehler, seien die Daten später im Verfahren nicht verwertbar, hieß es.
Der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs riet in einem Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ("FAS") dagegen dringend von einem Deal ab: "Das ist ein gestohlenes Gut. Da würde man Diebe belohnen", sagte Fuchs der "FAS". Auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Otto Fricke, sagte, hier gelte die Regel: "Keine Geschäfte mit Kriminellen." Überdies könne Schäuble nicht wissen, ob der Datenhändler nicht bereits die Betroffenen zu erpressen versuchte.
Die Identität des Informanten ist bisher unbekannt. Er soll sich laut "Süddeutscher Zeitung" an die Steuerfahndung in Wuppertal gewendet haben. Es wurden bislang auch noch keine Angaben gemacht, um welche Bank in der Schweiz es sich handelt.
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß warnte, es dürfe "auf keinen Fall Rücksicht genommen werden auf die Wählerklientel von Union oder FDP, die in der Regel zu den Besitzern großer Vermögen zählt".
Daten könnten hundert Millionen Euro an Steuerertrag einbringen
Laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) hat die Überprüfung einer ersten Stichprobe aus der Schweiz ergeben, dass in jedem der fünf konkreten Fälle eine Steuernachzahlung von jeweils einer Million Euro fällig wäre. Die Ermittler rechnen damit, dass die Unterlagen rund hundert Millionen Euro in die Staatskasse spülen könnten, wenn die Behörden sich auf den Handel einlassen sollten. Den fünf Verdächtigen aus der Stichprobe drohen nach "FAZ"-Angaben Steuerstrafverfahren. "Für die fünf Kontoinhaber, die wir probehalber kontrolliert haben, ist es für eine Selbstanzeige zu spät", zitierte die Zeitung Einschätzungen aus der Finanzverwaltung.
SPD-Fraktionsvize Poß appellierte an die Justiz, Steuerflüchtige in besonders schweren Fällen als Kriminelle zu betrachten und sie unter Umständen hinter Gitter zu bringen. Seiner Ansicht nach könnte der mögliche Steuerertrag der aufgelisteten 1500 Steuersünder sogar bei 200 Millionen Euro liegen.
Schäubles Ministerium teilte mit, seit der , über die Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel stolperte, würden den Behörden immer wieder Daten zur Verfügung gestellt. "Diese Daten werden von den zuständigen Landesfinanzbehörden geprüft. Davon hängt das weitere Vorgehen ab", sagte ein Sprecher. Das Ministerium rät allen Steuerpflichtigen, die ein schlechtes Gewissen haben, zur Selbstanzeige. Das Finanzministerium wollte sich zu Details unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht äußern.
Der Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer sagte am Rande des Weltwirtschaftsgipfels in Davos, sein Vertrauen in Deutschland würde erschüttert, wenn sich der deutsche Staat dafür hergeben würde, "für geklaute Daten zu bezahlen". Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte im Schweizer Fernsehen, er sei guter Dinge, dass es nicht zu Verwerfungen mit der Schweiz komme.