
Münchner Sicherheitskonferenz: Unter Männern
Von der Leyen bei Sicherheitskonferenz Willkommen in der Macho-Welt
In der Männerwelt der Münchner Sicherheitskonferenz reicht schon Ursula von der Leyens frühere Jobbeschreibung für einen Moment der Heiterkeit. Gerade hat Wolfgang Ischinger, der Chef des internationalen Alphatier-Treffens der Sicherheitspolitik, die Verteidigungsministerin am Freitagabend als ehemalige Ministerin für "family affairs" ankündigt. Das lässt sich mit "Familienangelegenheiten" übersetzen. Minister, Generäle und Rüstungslobbyisten können sich kaum mehr halten, es wird gekichert und gefeixt. Ischinger versucht, die peinliche Situation zu retten. Ja, sagt er gequält, deutsche Titel seien schon manchmal komisch.
Dieser kurze Moment vor der ersten Rede von der Leyens vor einem prominenten internationalen Publikum hat durchaus Symbolwert. Eine Frau mit Befehlsgewalt - im Macho-Kosmos des Militärs und der Sicherheitspolitik ist das noch immer Neuland. Eine aufstrebende deutsche Politikerin, der die Presse im In- und Ausland schon Ambitionen auf den Stuhl der Kanzlerin nachsagt. Das Interesse ist riesig.
Entsprechend gefragt ist von der Leyen in München als Gesprächspartnerin. In der Mappe ihres Stabs stapeln sich die Lebensläufe der vielen Minister und Promis, die sie während der Konferenz treffen wird: Chuck Hagel aus den USA, ihre französischen, italienischen, holländischen Kollegen, den Nato-Chef Rasmussen, die EU-Außenbeauftragte Ashton und am Samstag zum Frühstück noch den früheren US-Außenminister Henry Kissinger. Als wäre das Programm noch nicht voll, muss von der Leyen Freitagnacht auch noch von der Kanzlerin einen gemütlichen Abend für deutsche Parlamentarier übernehmen.
"Wir haben eine Verantwortung, uns zu engagieren"
Auf das Schaulaufen auf dem rutschigen Parkett der Sicherheitspolitik hatte sich von der Leyen gut vorbereitet. Wenn auch manchmal etwas nervös, trägt sie ihre Zehn-Minuten-Rede in fließendem Englisch vor. Der Inhalt entspricht weitgehend den Interviews der vergangenen Tage. Nach ein paar Floskeln über die Historie der Konferenz kommt sie zum Kern, zur Rolle Deutschlands bei der Bewältigung internationaler Krisen.
Diese Rolle, das wurde in München sehr klar, möchte von der Leyen stärken. "Gleichgültigkeit ist für ein Land wie Deutschland keine Option, weder aus sicherheitspolitischer noch aus humanitärer Sicht", ruft sie in den Saal. Sie spricht von Verpflichtungen, die Deutschland erfüllen müsse, und von Verantwortung. "Wenn wir über die Mittel und Fähigkeiten verfügen, dann haben wir auch eine Verantwortung, uns zu engagieren", so von der Leyen. Was damit gemeint ist, wissen die Anwesenden. Lange Jahre hat sich Deutschland bei internationalen Missionen zurückgehalten, dafür gab es regelmäßig Kritik.
Was Bundespräsident Joachim Gauck noch in Frageform verpackte, bringt von der Leyen auf griffige Formeln. Wie als Beleg zählt die Ministerin auf, dass sich Deutschland ja schon lange in Afghanistan engagiert. Ab diesem Frühsommer nun will sie ein paar zusätzliche Ausbilder und Flugzeuge nach Afrika schicken. Von der Leyen aber geht noch weiter und gibt eine Maxime für ganz neue Missionen vor. So gebe es eine Verpflichtung Deutschlands, einen "Beitrag zu einer schrittweisen Lösung der aktuellen Krisen und Konflikte zu erbringen".
Ist die Rede auch ein Testballon?
Für die Rede erntet die Neue warmen Applaus. Sie scheint aktiv die alte Linie der deutschen Zurückhaltung bei Auslandsmissionen aufzuweichen, das gefällt vielen hier. Auch wenn die Ankündigung von 70 zusätzlichen Ausbildern für eine EU-Trainingsmission in Mali im Vergleich zu anderen Partnern bescheiden wirkt, könnte sie ein Testballon sein, wie ein neuer Kurs Deutschlands im Inland ankommt. Bis heute sprechen sichdie Bundesbürger mehrheitlich gegen neue Auslandsmissionen aus, ein öffentlicher Aufschrei aber blieb aus.
Der Auftritt in München ist ohne Zweifel ein Erfolg für Ursula von der Leyen, die Premiere gelungen. Nach der Konferenz aber wird sie an den Worten von München gemessen werden - im Inland, aber vor allem im Ausland.
Eins ist klar: Bei der nächsten Krise in Afrika oder sonst wo auf der Welt werden sie die europäischen Partner, allen voran Großbritannien und Frankreich, an die Maxime "Gleichgültigkeit ist keine Option" erinnern. Dann wird es ernst für die neue Ministerin, dann müsste die ganze Regierung mehr Engagement bei Auslandsmissionen zeigen, nicht nur bei Konferenzreden.