Große Koalition Gabriel liebäugelt offenbar mit Finanzministerium

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD)
Foto: Kay Nietfeld/ dpaAm späten Freitagnachmittag ging auch Sigmar Gabriel noch ans Hallenmikrofon. Der geschäftsführende Außenminister, der auf dem SPD-Parteitag bis dahin sehr schweigsam gewesen war, wollte in der Debatte über die Flüchtlingspolitik einen eigenen Akzent setzen. Integration sei wichtig, aber die Politik müsse auch die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen, forderte Gabriel: "Sich um die kümmern, die kommen, und um die kümmern, die da sind: Das ist die doppelte Aufgabe."
In diesen Tagen achten viele Sozialdemokraten darauf, wie der Niedersachse agiert. Er gilt als Befürworter einer Großen Koalition, und es ist kein Geheimnis, dass Gabriel gerne Minister bleiben würde. Das Außenamt macht ihm sichtlich Spaß. Doch offenbar könnte sich Gabriel auch vorstellen, ins Finanzministerium zu wechseln. Wie der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, hat Gabriel kürzlich hochrangigen Sozialdemokraten mitgeteilt, dass er im Falle einer schwarz-roten Regierung Interesse hätte, Finanzminister zu werden. 2013 hatte er als damaliger Parteichef das Ressort nicht für die SPD beansprucht und stattdessen auf das Wirtschaftsministerium gesetzt. Intern gilt diese Entscheidung heute als Fehler.
Angesprochen auf seine Ambitionen, sagte Gabriel: "Typische Berliner Fake News, deren Urheber ja meist keinen Mut haben, ihren Namen zu nennen." Er beteilige sich "ganz sicher nicht an diesem Unsinn in einer Zeit, in der nicht mal klar ist, wer die nächste Regierung stellt".
Nach ihrem Parteitag will die SPD nun weiter ausloten, ob ein Bündnis mit CDU und CSU machbar ist. Parteichef Schulz hatte die Sozialdemokraten kürzlich dazu aufgerufen, vor den Gesprächen mit der Union keinesfalls über Posten und Ministerien zu reden. "Ich kann nur jedem raten, zum jetzigen Zeitpunkt nicht über die Vergabe von Ministerien für sich selbst oder an andere zu spekulieren oder spekulieren zu lassen", warnte er. Die SPD-Spitze will den Eindruck tunlichst vermeiden, der Gang in die Große Koalition sei bereits beschlossene Sache. Um Personalfragen dürfe es jetzt nicht gehen, heißt es. "In der Lage, in der die SPD ist, geht es nicht um Einzelinteressen", warnt auch Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel.
Auf dem Parteitag, der an diesem Samstag endet, versuchte die Partei auch, ihre dramatische Wahlniederlage aufzuarbeiten. Die Debatte zeigte, wie gespalten die SPD in der Frage der Großen Koalition ist. Viele der Redner warnten davor, dass ein Bündnis den Sozialdemokraten massiv schaden könne. Parteichef Schulz will am kommenden Mittwoch gemeinsam mit Fraktionschefin Andrea Nahles das nächste Gespräch mit der Kanzlerin und der CSU-Seite führen. Schulz wurde auf dem Parteitag mit rund 82 Prozent im Amt bestätigt.