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Gabriel über Guttenberg "Mit der Bundeswehr so sorgsam umgegangen wie mit seiner Doktorarbeit"

Erst Lob, dann Spott: Sigmar Gabriel hat in einer Rede im Bundestag eine gemischte Bilanz der Großen Koalition gezogen. Die Opposition übte scharfe Kritik an der Politik von Union und SPD.

Klarer Appell für Abrüstung: Außenminister Sigmar Gabriel hat sich in einer Rede im Bundestag dagegen ausgesprochen, die Rüstungsausgaben zu erhöhen. Angesichts der Zuspitzungen in der internationalen Politik sei es das falsche Signal, mehr Geld für Waffen auszugeben, sagte der SPD-Vizekanzler.

Weniger als drei Wochen vor der Bundestagswahl lobte Gabriel zudem die Arbeit der Großen Koalition. In Richtung von Kanzlerin Angela Merkel und der Union sagte er: "Wir haben gut auf sie aufgepasst."

Als CDU, CSU und SPD 2013 über eine Koalition verhandelt hätten, sei nicht absehbar gewesen, welche außenpolitischen Krisen sich in den darauffolgenden Jahren ereignen würden. "Das Land ist trotzdem stabil geblieben", lobte Gabriel seine eigene Partei und die Union.

Doch der Ex-SPD-Chef kann auch anders. Im Laufe der Rede schaltete Gabriel in den Wahlkampfmodus um. So knöpfte er sich beim Thema Bundeswehr CSU-Rückkehrer Karl-Theodor zu Guttenberg vor. Dieser sei während seiner Tätigkeit als Verteidigungsminister "ungefähr so sorgsam mit der Bundeswehr umgegangen wie mit seiner Doktorarbeit". Guttenberg war 2011 zurückgetreten, nachdem die Universität Bayreuth ihm wegen einer Plagiatsaffäre den Doktortitel aberkannt hatte.

Merkel hatte am Vormittag eine positive Bilanz der Großen Koalition gezogen. "Wir haben eine Menge miteinander erreicht", sagte sie in Richtung Koalitionspartner SPD. Die Regierung dürfe sich auf diesen Erfolgen aber nicht ausruhen. Stattdessen gelte es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Deutschland auch in 15 Jahren wirtschaftlich erfolgreich und sozial gerecht sei.

Wie im Brennglas zeigten sich die Herausforderungen in der Autoindustrie. Es würden noch auf Jahrzehnte Verbrennungsmotoren gebraucht, zugleich müsse aber der Weg hin zu neuen Antriebstechnologien gegangen werden.

Merkel forderte weitere Anstrengungen bei der Digitalisierung. In diesem Bereich sei noch viel zu tun. Das gelte für die Wirtschaft genau so wie für die Verwaltung. Sie wies auch darauf hin, dass Deutschland inzwischen drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Forschung und Entwicklung ausgebe. Allerdings seien einige skandinavische Länder oder Südkorea hier schon weiter. Die Kanzlerin sagte: "Wir wollen nicht im Technikmuseum enden mit Deutschland."

"Was muss dieser Erdogan noch machen?"

Für die Linkspartei kritisierte Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, die Kanzlerin verweigere sich einer demokratischen Debatte über die Lösung der drängenden sozialen Probleme. Der Anteil derer, die trotz Arbeit ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle beziehen, habe sich während Merkels Amtszeit verdoppelt. Allerdings habe es auch die SPD versäumt, ein glaubwürdiges Alternativangebot zum "Weiter-So-Wahlkampf" der Kanzlerin zu unterbreiten.

Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir sagte, die große Koalition erzwinge durch ihr Nichtstun in der Dieselkrise Fahrverbote in den Städten. Zudem mahnte Özdemir, den "Kuschel"-Kurs mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan zu beenden. Deutschland dürfe die Verschärfung der Reisewarnungen und das Aussetzen von Hermesbürgschaften nicht nur prüfen: "Tun Sie's endlich", forderte der Grünen-Chef. "Was muss denn dieser Erdogan noch machen, dass Sie endlich mal aufwachen und aufhören, mit ihm zu kuscheln?"

cte/dpa
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