Vertrauliches Gespräch Gabriel und Steinmeier treffen FDP-Chef Lindner

FDP-Chef Lindner diese Woche in Düsseldorf
Foto: Federico Gambarini/ dpaDie FDP bemühte sich, die Bedeutung bereits vor dem Treffen möglichst klein zu reden. Alles ganz normal, reine Routine kurz vor der Bundespräsidentenwahl. Bloß keine Spekulationen befeuern, dass hier Signale ausgesendet werden für eine künftige Ampel-Koalition.
Dabei ist allen Beteiligten selbstverständlich klar: Dass sich Christian Lindner, der Parteivorsitzende der Liberalen, SPD-Chef Sigmar Gabriel und Noch-Außenminister und Bald-Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier an diesem Mittwoch in Berlin in kleiner, vertraulicher Runde zusammengesetzt haben, wird unter den politischen Beobachtern aufmerksam registriert und interpretiert. Erst recht, wenn der oberste Sozialdemokrat gerade erst im SPIEGEL Sympathien für ein Dreier-Bündnis geäußert hat.
Für die öffentliche Zurückhaltung gibt es gute Gründe: Erstens ist es trotz der anhaltend stabilen Umfragewerte (fünf bis sechs Prozent) nicht sicher, ob die FDP im Herbst nach vierjähriger Abwesenheit überhaupt in den Bundestag zurückkehrt.
Und zweites ist eine Ampel-Koalition bei den Liberalen nicht gerade die Lieblingsvariante. Zu den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im Mai tritt Lindner als Spitzenkandidat der FDP gegen Rot-Grün an. Allerdings hätte dort eine schwarz-gelbe Koalition als eine mögliche Alternative derzeit keine Mehrheit.
Ampel-Signale sind trotzdem nicht gerade gewünscht in der FDP, die mit einem eigenständigen Profil in den Bundestagswahlkampf ziehen will und auch Distanz zur Union hält, wie diese Woche eine Attacke des CDU-Generalsekretärs Peter Tauber gegen Lindner zeigte. Dieser hatte Lindners Kritik an der Flüchtlingspolitik in die Nähe der rechtspopulistischen AfD gerückt, woraufhin sich Lindner gegen die "AfD-Keule" durch Tauber verwahrte.
Keine Liebe für die Ampel
Das Verhältnis zwischen den einstigen Wunschpartnern Union und FDP hat sich merklich abgekühlt. Als kürzlich der baden-württembergische FDP-Landeschef Michael Theurer auch über die Möglichkeit einer Koalition mit SPD und Grünen im Bund in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" nachdachte, erhielt er anschließend einen Anruf Lindners. Der war über Theurers Gedankenspiel nicht amüsiert, so war in der FDP zu hören.
Tatsächlich aber hatte Theurer seine Überlegungen mit einer Einschränkung versehen: der Abschaffung des Mindestlohnes in seiner "derzeitigen Form". Das dürfte bei möglichen Koalitionsgesprächen nach einer Bundestagswahl für die SPD eine hohe Hürde sein, haben die Genossen doch in der Großen Koalition den Mindestlohn durchgesetzt und seitdem gegen Aufweichungen verteidigt.
Ohnehin ist die Ampel lediglich in einem Bundesland - Rheinland-Pfalz - Wirklichkeit. Zwar regiert dort die Koalition seit vergangenem Jahr bislang ohne größere Dissonanzen. Doch gilt das Beispiel in der FDP als eine Ausnahme, das auf eine langjährige Tradition zurückblicken kann: Von 1991 bis 2006 hatte dort bereits 15 Jahre lang eine Koalition aus SPD und FDP regiert.
Das Treffen ist eine Aufwertung
Auch wenn auf Seiten der FDP die Bedeutung der Zusammenkunft niedrig gehängt wurde: Das heutige Treffen von Gabriel, Steinmeier und Lindner - zu dem die SPD gebeten hatte - bedeutet für die Liberalen eine Aufwertung. Motto: Vergessen seid ihr nicht.
Avancen, wie sie Gabriel der FDP jüngst im SPIEGEL-Interview machte, mögen Lindner schmeicheln. Sie sind aber auch nicht ungefährlich, weil sie den Verdacht nähren könnten, die FDP wolle nur zurück an die Töpfe der Macht. Eine Regierungsbeteiligung um jeden Preis aber hat der FDP-Chef wiederholt ausgeschlossen, auch im Interview mit SPIEGEL ONLINE.
Tief sitzt in der Partei das Trauma vom Herbst 2013, als sie nach vier Jahren in der schwarz-gelben Koalition erstmals in ihrer Geschichte an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Partei sichtbar stabilisiert und ist nun wieder in neun Landesparlamenten und im Europaparlament vertreten. Der Absturz in die Bedeutungslosigkeit wurde unter Lindner verhindert. Das macht sie wieder interessant - auch in den Kalkulationen der SPD.
Beim Berliner Treffen Lindner-Gabriel-Steinmeier ging es wohl nicht nur um Atmosphärisches, sondern auch um die Wahl des künftigen Staatsoberhaupts. Zwar spielt die FDP aufgrund der überwältigenden Mehrheit von CDU, CSU und SPD in der Bundesversammlung keine ausschlaggebende Rolle, dennoch wäre eine Zustimmung für Steinmeier ein politisches Signal. Steinmeier selbst hat den Kontakt zur FDP dienstlich ohnehin gehalten: Wiederholt haben der Außenminister und Lindner außenpolitische Fragen besprochen.
Wie sich die FDP und die 33 Wahlfrauen und -männer, die die Liberalen in die Bundesversammlung entsenden, am 12. Februar entscheiden, ist noch nicht ausgemacht. Steinmeier, der in dieser Woche seine Vorstellungstour gestartet hat, wird sich ihnen am 23. Januar in der FDP-Bundeszentrale in Berlin vorstellen.