Nach Silvesterkrawallen Beamtenbund kritisiert »Schaufensterreden« der Politik

Ulrich Silberbach: »Unsere Kollegen stehen da draußen im wahrsten Sinn des Wortes im Feuer«
Foto: Christophe Gateau / dpaDer Chef des Deutschen Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, hat massive Kritik am Umgang mit den Silvesterkrawallen geübt. »Wir stehen unmittelbar davor, die Handlungsfähigkeit zu verlieren«, sagte er am Wochenende. Die Politik müsse »mit ihren Schaufensterreden aufhören. Wir brauchen nicht noch mehr Studien und Lagebilder«.
Silberbach sagte der »Rheinischen Post« : »Der Respekt vor dem Staat kommt bei einer bestimmten Klientel völlig abhanden.« Zur Diskussion über das Thema Migrationshintergrund sagte er: »Ich will da gar nicht herumeiern, so wie es die Politik derzeit leider tut.« Beim Blick auf Bilder aus der Berliner Silvesternacht gebe es »überhaupt keinen Zweifel, dass das weit überwiegend junge Männer mit Migrationshintergrund sind«.
Das sei keine Pauschalverurteilung. Migrantische Nachbarn und Geschäftsinhaber in Berlin-Neukölln seien »genauso entsetzt und nennen das Kind beim Namen«, sagte der Beamtenbund-Chef. In der Silvesternacht waren Einsatz- und Rettungskräfte in Berlin und anderen Städten massiv angegriffen worden. Zum Teil musste die Polizei ausrücken, um Feuerwehrleute beim Löschen von Bränden gegen Angriffe zu schützen.
Der Politik warf Silberbach hilflosen Aktionismus vor. »Unsere Kollegen stehen da draußen im wahrsten Sinn des Wortes im Feuer.« Sein Vorwurf: »Unsere Politik schwurbelt rum, statt den eigenen Beschäftigten den Rücken zu stärken.« Die Botschaft müsse sein: »Wer Polizisten oder Rettungskräfte angreift, greift den Staat an und wird mit der vollen Härte verfolgt und bestraft.«
Gesetzesverschärfungen seien nicht nötig, befand Silberbach, die geltenden Gesetze müssten nur »konsequent angewandt« werden. »Für eine adäquate Strafverfolgung bräuchte es Staatsanwaltschaften, die personell so gut ausgestattet sind, dass sie mit der Fülle an Verfahren klarkommen.«
Silberbach verwies zudem auf den Richtermangel in Deutschland. »Es sorgt doch für Frust in der Bevölkerung, wenn Randalierer ungeschoren davonkommen, weil Verfahren verfristen.« So werde bei den Tätern den Eindruck erzeugt, »sie könnten tun und lassen, was sie wollen«. Der Deutsche Beamtenbund trifft sich am Montag in Köln zu seiner Jahrestagung.
Giffey wehrt sich gegen Kritik aus Bayern
Berlins regierende Bürgermeisterin Giffey sagte der »Berliner Zeitung« mit Blick auf die massive Kritik der CSU am Umgang mit den Silvesterkrawallen: »Wenn in einer fast Vier-Millionen-Metropole 145 Chaoten Mist bauen, kann man nicht daraus folgern, dass alle anderen Einwohner hier auch Chaoten sind.« Bayern habe »vor der eigenen Tür einiges zu kehren, zum Beispiel in Sachen Reichsbürgertum«, betonte die SPD-Politikerin und fügte hinzu: »Ich gebe Herrn Söder ja auch keine Ratschläge.«
Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder sowie weitere Unionspolitiker üben seit Tagen scharfe Kritik an der Berliner Landesregierung und geben ihr eine Mitschuld an den Silvesterkrawallen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte finanzielle Sanktionen für die Berliner Landesregierung über den Länderfinanzausgleich.
Giffeys Co-Vorsitzender der Berliner SPD, Raed Saleh, sagte der »Berliner Zeitung«, die Attacken seien »Teil einer abgestimmten Strategie innerhalb der Union«. Söder und CDU-Chef Friedrich Merz versuchten, den Wahlkampf in Berlin zu beeinflussen, sagte Saleh mit Blick auf die am 12. Februar anstehende Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus. Er warf den Unionsspitzen vor, »mit rechter Rhetorik die Stadt schlecht- und kaputtzureden«.