Sitzung zum Mauerfall Kabinett will Sofortprogramm sofort

Unterlagenmappe für Kabinettssitzung: Mit Eile ins Sofortprogramm
Foto: ddpBerlin - Schwarz-Gelb forciert die Umsetzung der Koalitionsvorhaben. In einem Papier vom 4. November skizziert das Bundesfinanzministerium die anstehenden gesetzlichen Sofortmaßnahmen, die die Regierung bereits zum Jahreswechsel in Kraft setzen will. Auf 36 Seiten listet die "Formulierungshilfe", die SPIEGEL ONLINE vorliegt, minutiös auf, welche Paragraphen geändert werden müssen - und was die Segnungen kosten.
Erstmals wird in dem Vorschlag für das "Wachstumsbeschleunigungsgesetz", wie es offiziell genannt wird, auch eine konkrete Formulierung für die Erhöhung des Kindergeldes genannt. Union und FDP hatten sich in in der Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, den Zuschuss um 20 Euro pro Kind anzuheben. "Das Kindergeld beträgt monatlich für erste und zweite Kinder jeweils 184 Euro, für dritte Kinder 190 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 215 Euro", lautet nun der Formulierungsvorschlag aus dem Hause von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Zuletzt hatte die Große Koalition das Kindergeld für die ersten beiden Sprößlinge um jeweils zehn Euro erhöht, für das dritte Kind jedoch um 16 Euro, für das vierte und jedes weitere Kind ebenfalls um dieselbe Summe. Die neue Koalition ist großzügiger. Klar ist nun: die Erhöhung um 20 Euro gilt für alle Kinder. Eine Maßnahme allerdings, bei der tief in die Staatskasse gegriffen werden muss.
So werden die Kosten beziffert, die durch die Erhöhung des Kindergelds und die Anhebung des Kinderfreibetrags von derzeit 6024 Euro auf 7008 Euro auf Bund, Länder und Gemeinden zukommen. Im kommenden Jahr belaufen sich demnach die Gesamtkosten auf 4,32 Milliarden. Davon entfallen allein 1,89 Milliarden auf den Bund, 1,78 Milliarden auf die Länder und 632 Millionen auf die Gemeinden. Bis zum Jahr 2014 summiert sich die Gesamtbelastung auf rund 22,98 Milliarden.
Den Ländern will der Bund offenbar entgegenkommen- bei der Verteilung der Kosten, die anteilig getragen wird. So sollen die Länder vom Bund aufgrund der Anhebung des Kindergeldes ab 2010 über den Länderfinanzausgleich 1,32 Milliarden jährlich mehr bekommen. Diese Summe soll bis 2014 gleich hoch bleiben, wie aus dem Papier aus der Steuerabteilung des Ministeriums hervorgeht.
Hotelbetriebe dürfen sich freuen
Schwarz-Gelb hatte sich im Koalitionsvertrag auf Druck der CSU und der FDP auf eine Änderung der Umsatzsteuer für "Beherbergungsleistungen" verständigt. Sie beträgt derzeit noch 19 Prozent und soll ab dem 1. Januar auf 7 Prozent sinken. In den Genuss der Reduzierung kommen laut Papier klassische Hotelbetriebe sowie "kurzfristige Beherbungen in Pensionen, Fremdenzimmern und vergleichbaren Einrichtungen". Bund und Länder müssen sich auf Steuerausfälle einrichten: In 2010 sind das 805 Millionen, davon allein 430 Millionen für den Bund, 359 für die Länder und 16 Millionen für die Gemeinden. Bis 2014 belaufen sich die Ausfälle für Bund, Länder und Gemeinden im Hotelbereich auf insgesamt 4,64 Milliarden Euro.
Auch die Änderungen bei der Erbschaftssteuer, die von CSU und FDP massiv gefordert worden war, kostet Millionen. Sie betrifft allerdings nur die Länder - die sie erheben. So will Schwarz-Gelb die Steuerbelastung für Geschwister und Geschwisterkinder - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - durch einen neuen Stufentarif von 15 bis 43 Prozent absenken. Die Länder haben demnach 2010 Mindereinnahmen von 220 Millionen Euro, in 2011 schon 405 Millionen. Die weiteren Ausfälle betragen dann in den drei Folgejahren jeweils 370 Millionen Euro.
Das Papier, das auch weitere Änderungen in der Unternehmenssteuer und Verbesserungen bei der Vergütung im Bereich der Erneuerbare Energien vorsieht, ist bereits im Umlaufverfahren an die betroffenen Ministerien gegangen. Sie sollen schnell ihre Stellungnahmen abgeben. Denn die Koalition macht in Sachen Sofortprogramm mächtig Druck: "Nach der gegenwärtigen Zeitplanung ist die Kabinettsbefassung für den 9. November 2009 vorgesehen", heißt es im Anschreiben - unter anderem an den Chef des Bundeskanzleramtes.
Bereits am Montag um 11 Uhr soll sich die Regierung mit dem Sofortprogramm befassen. Üblicherweise tagt das Kabinett Mittwochs. Eine Tagesordnung bestehe zwar noch nicht, heißt es offiziell. Doch intern wird mit der Verabschiedung des Sofortprogramms am 9. November gerechnet. Schließlich ist es ein historischer Tag - bekanntlich fiel vor 20 Jahren die Mauer. Und diesen Tag will Schwarz-Gelb mit einem eigenen Signal begleiten.