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Social Freezing Warum ich den Eizellen-Plan von Apple und Facebook pervers finde

Facebook und Apple wollen ihren Mitarbeiterinnen in Amerika die Kosten für das Einfrieren von Eizellen erstatten - damit sie vor dem Kinderkriegen Karriere machen können. Das Angebot ist verlogen.

Als ich mit meinem ersten Kind schwanger wurde, hatte ich gerade ein halbes Jahr einen festen Arbeitsvertrag. Mein Freund studierte noch. Das war kein guter Zeitpunkt zum Kinderkriegen, würde man heute wahrscheinlich sagen. Ich war 29.

Jetzt ist mein Sohn sechs und meine kleine Tochter ein Jahr alt. Wir haben es also noch ein zweites Mal gewagt. Ich habe in der Zwischenzeit gearbeitet. Und jetzt sitze ich wieder an meinem Schreibtisch, mit einer Zweidrittelstelle. Das alles ist herausfordernd und manchmal ziemlich erschöpfend. Heute Nacht ist meine Tochter um 4.30 Uhr aufgewacht und wollte nicht mehr schlafen. Wie würde ich das Ganze in zehn Jahren, mit 45 verkraften?

Den Kinderwunsch zu verschieben - genau dazu ermuntern die Konzerne Facebook und Apple in den USA jetzt ihre Mitarbeiterinnen. Sie wollen ihnen das Einfrieren ihrer Einzellen bezahlen, um sie nicht jetzt an Kind und Heim zu verlieren.

Ja, ich habe vielleicht leicht reden, denn ich habe eine Arbeit und Kinder. Aber ich finde den Vorschlag pervers. Ich habe Freundinnen, die Mitte 30 sind und sich nichts mehr wünschen als ein Kind - sie haben aber keinen passenden Mann. An ihrer Stelle würde ich natürlich auch darüber nachdenken, meine Einzellen einzufrieren.

Ein verheerendes Signal

Aber wenn das Angebot von Arbeitgebern kommt, geht das Ganze in eine gefährliche Richtung. Mich fröstelt es, wenn ich darüber nachdenke. Wer Kinderkriegen nicht nur rational betrachtet - wie es am besten in den Wirtschaftsplan des Arbeitgebers passt - der muss künftig als naiv, doof, altbacken und rückständig gelten. Und vor allem ist er dann selbst schuld, wenn es nicht klappt mit der eigenen Karriere.

Das ist obendrein eine Lüge: Wieso in aller Welt sollte es mit 40 oder Mitte 40 einfacher sein, Kinder und Beruf zu vereinbaren, als mit 30 oder Mitte 30? Mal ganz abgesehen davon, dass das Risiko für Fehlbildungen und Krankheiten beim Baby ab Mitte 30 rasant steigt. Und machen wir uns nichts vor: Karriere zu machen und wirklich für seine Kinder da zu sein: Das kriegen zumindest in Deutschland nur sehr wenige hin. Frauen nicht und Männer nicht. Ich kenne jedenfalls niemanden, dem das gut gelingt.

Facebook und Apple wollen mit ihrem Vorschlag attraktiver werden für junge Frauen. In Wirklichkeit senden sie das Signal: Wir wollen dich nicht mit Kindern. Erst diese Botschaft macht einen Arbeitgeber für Frauen (und hoffentlich Männer), die sich Familie wünschen, abstoßend. Was wir wirklich brauchen sind: besser organisierte Teilzeitjobs! Da müssen die Firmen ran.

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