Sozialdemokraten Steinmeier bläst zur Aufholjagd
Berlin - Ein Kandidat im Wahlkampfmodus: Angesichts schlechter Wahlergebnisse und Umfragen stimmt der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier seine Partei auf eine Aufholjagd seiner Partei bis zur Bundestagswahl Ende September ein. "Lasst Schwarz-Gelb ruhig schon über Ministerposten streiten. Ich sage Euch: So wenig wie 2002 und 2005 wird es 2009 für Schwarz-Gelb reichen", sagte der Außenminister am Samstagabend in Berlin auf einem Empfang zum SPD- Parteitag, der an diesem Sonntag stattfindet.

Kandidat Steinmeier: Genossen erwarten eine kämpferische Rede
Foto: APDie 525 Delegierten wollen bei dem Treffen unter anderem das Programm der Sozialdemokraten zur Bundestagswahl verabschieden.
Trotz der Rückschläge und schlechten Umfragewerte habe die SPD keinen Grund, "in Sack und Asche zu gehen", beteuerte Steinmeier. Die Partei werde trotz der zurückliegenden schweren Woche rechtzeitig zur Bundestagswahl wieder aus ihrem Tief herausfinden.
Steinmeier-Rede mit Spannung erwartet
Laut ZDF-"Politbarometer" käme die SPD allerdings nur noch auf 25 Prozent, wenn schon am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre. Das wären noch einmal 3 Prozentpunkte weniger als in der Umfrage Ende Mai. Die Union käme nach der am Freitag veröffentlichten Erhebung der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen auf 37 Prozent (plus 1). Bei der Europawahl vor einer Woche hatte die SPD nur 20,8 Prozent erreicht und damit ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl seit 1949.
Schwerpunkte des Wahlprogramms der SPD sind Vorschläge zur Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Partei stellt in dem Manifest Geringverdienern Steuergeschenke in Aussicht und will zugleich Wohlhabende stärker zur Kasse bitten. Einer der Kernpunkte ist ein Lohnsteuerbonus von 300 Euro für Alleinstehende oder 600 Euro für Verheiratete, wenn sie auf eine Steuererklärung verzichten.
Im Mittelpunkt allerdings dürfte die erwartete Grundsatzrede Steinmeiers stehen. Es wird ein kämpferischer Auftritt erwartet.
"Das wird kein leichter Ritt"
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte der "Welt am Sonntag" über den Bundestagswahlkampf: "Das wird kein leichter Ritt. Aber das Rennen ist offen." Viele Konservative "träumen wieder vom Durchmarsch und glauben, das Land gehört ihnen. Die werden sich noch wundern."
Die SPD habe Kampfgeist, klare Überzeugungen und sei entschlossen. "Wir wissen, dass Frank-Walter Steinmeier der bessere Kanzler ist", sagte Heil. Er griff Union und Linkspartei an: Linken-Fraktionschef Gregor Gysi habe "sicher Leidenschaft, aber kein Augenmaß. (CSU-Chef Horst) Seehofer ist ein leidenschaftlicher politischer Zocker, aber ohne jedes Verantwortungsgefühl."
Auch Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) stellte sich im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks hinter Steinmeier: Der werde als "erstklassiger Politiker" und "guter Wahlkämpfer" deutlich machen können, dass es eine soziale Politik in Deutschland ohne eine sozialdemokratische Regierungsbeteiligung nicht mehr geben könne.
"Von ritualisierten Auseinandersetzungen die Schnauze voll"
Kurz vor dem Parteitag war in der SPD ein Streit über die richtige Wahlkampfstrategie entbrannt. Vertreter der SPD-Linken hatten am Samstag ein schärferes linkes Profil verlangt. Dagegen rief unter anderem Bundesfinanzminister und Parteivize Peer Steinbrück die SPD dazu auf, im Wahlkampf wieder stärker Wähler der Mitte anzusprechen.
"Wahlen werden in Deutschland in der Mitte entschieden, nicht an den Rändern und nicht in der Addition von Minderheitsinteressen", sagte Steinbrück dem SPIEGEL. "Ich glaube, dass die SPD gefordert ist, sich in eine linke, aufgeklärte, bürgerliche Mitte hineinzubewegen. Als SPD möchte ich den anderen weder den Begriff 'bürgerlich' überlassen noch den Begriff der Liberalität."
Zugleich warnte der Bundesfinanzminister seine Partei davor, jetzt auf allzu scharfe Attacken gegen Union und FDP zu setzen. "Die Menschen haben von ritualisierten Auseinandersetzungen ziemlich die Schnauze voll. Sie können auch ein bloßes Gekläffe nicht nachvollziehen", so der stellvertretende SPD-Vorsitzende. "Angreifen darf man. Das tun die politischen Gegner auch. Aber die Tonlage eines kleinen Hundes, der einem an die Beinkleider geht, kommt bei vielen Wählerinnen und Wählern nicht an."
In diesem Zusammenhang mahnte Steinbrück die SPD, im anstehenden Bundestagswahlkampf nicht den Wahlkampfstil des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder zu übernehmen. "Schröder hat einen hohen Unterhaltungswert, aber ich rate keinem, ihn kopieren zu wollen", sagte Steinbrück. "So einen kann man brauchen, aber das bedeutet nicht, dass ein anderer Stil nicht verfängt."