Nahles warnt vor GroKo-Ausschluss
"Einige haben sich festgerammelt"
Soll die SPD doch noch mit der Union verhandeln? Vor dem Parteitag bringen sich Gegner und Befürworter einer Regierungsbeteiligung in Stellung. Fraktionschefin Nahles warnt vor einer vorschnellen Entscheidung.
Die SPD-Parteispitze ist sich weitgehend einig: Zumindest reden will man mit der Union. Einem entsprechenden Antrag über "ergebnisoffene Gespräche" soll der Parteitag am Donnerstag in Berlin zustimmen.
Doch längst formiert sich auch Widerstand: Einige Parteilinke, allen voran die Jusos, wollen eine Neuauflage der Großen Koalition kategorisch ausschließen. Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles warnte vor diesem Hintergrund die eigene Partei nun vor einer vorschnellen Absage. "Da haben sich einige schon ziemlich festgerammelt", sagte sie.
Nahles warnte zugleich davor, mit immer neuen roten Linien zu hohe Hürden aufzustellen. Es gebe eine schwierige Lage, und man müsse zumindest ergebnisoffene Gespräche führen und sich nicht zu schnell auf eine Oppositionsrolle oder Neuwahlen festlegen. Mit einer schnellen Regierungsbildung rechnet sie nicht. "Wir lassen uns nicht drängen und bedrängen." Die alte Große Koalition sei bei der Wahl abgestraft worden. "Ein 'Weiter so' kann es nicht geben."
Zweieinhalb Wochen nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen steht die SPD unter Druck. Für die Sozialdemokraten ist die Regierungsfrage heikel: Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl wollten sie sich eigentlich neu aufstellen und setzten deshalb zunächst klar auf Opposition. Einerseits sehen sich viele in der SPD nun dazu verpflichtet, ihren Beitrag zu einer stabilen Regierung zu leisten. Andererseits fürchtet die Partei um ihre Glaubwürdigkeit.
Neben der Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit der Union sind auch eine Tolerierung einer Minderheitsregierung und Neuwahlen möglich. Stimmt der Parteitag dem Antrag der Parteispitze zu, will Schulz nächste Woche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer sprechen.
"Neue Situation neu bewerten"
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil forderte die SPD auf, sich für die Gespräche auszusprechen. In dem schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl habe die SPD zurecht den Wählerauftrag "Ab in die Opposition!" gesehen, sagte Weil im ZDF-"Morgenmagazin". Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen von Union, FDP und Grünen gebe es aber eine neue Lage.
"Und dass die SPD eine neue Situation auch neu bewerten muss, das liegt für mich auf der Hand", sagte Weil. Ansonsten werde der Partei mit Recht vorgehalten: "Ihr habt schon eine Mitverantwortung, ihr müsst euch schon den Kopf zerbrechen. Und genau das tun wir jetzt."
Ähnlich äußerte sich SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel. Gespräche nicht in Betracht zu ziehen, sei wenig sinnvoll. Er gehe davon aus, "dass wir ergebnisoffen mit anderen über die Frage reden, welche Möglichkeiten der Regierungsbildung es gibt angesichts der schwierigen Situation".
Juso-Chef Kevin Kühnert betonte dagegen, es gebe eine breite Ablehnung gegen eine Große Koalition. Er könne sich vorstellen, Martin Schulz, der sich nach der Entscheidung über die Unionsgespräche erneut zur Wahl stellt, als SPD-Chef zu bestätigen. Das mache er aber von der Debatte abhängig.