SPD Ex-Finanzminister Hans Matthöfer tot

Im Alter von 84 Jahren ist SPD-Politiker Hans Matthöfer nach langer Krankheit gestorben. Er war 26 Jahre lang im Bundestag und zur Zeit der sozialliberalen Koalition Forschungs-, Finanz- und Postminister. Der neue SPD-Chef Sigmar Gabriel würdigte Matthöfers "herausragendes" Lebenswerk.
Matthöfer als Forschungsminister (1974): Streng sachlicher Politiker

Matthöfer als Forschungsminister (1974): Streng sachlicher Politiker

Foto: Peter Popp/ picture-alliance/ dpa

Dresden - Sigmar Gabriel hatte eine traurige Nachricht zu übermitteln. Am Sonntag gab der neue SPD-Vorsitzende auf dem Parteitag in Dresden den Tod von Hans Matthöfer bekannt. Er beschrieb den Sozialdemokraten als einen Mann, der für die Sozialdemokratie und das Land "Herausragendes geleistet" habe: "Hans Matthöfer hat mitgeholfen, diese Welt für die Menschen solidarischer und lebenswerter zu gestalten. Sein Lebenswerk steht beispielhaft für die Kraft und den Mut der Arbeiterbewegung." Matthöfers wichtigstes Anliegen sei mehr Mitbestimmung für die Arbeitnehmer gewesen, so Gabriel weiter; als Bundesfinanzminister habe er die Konsolidierung des Bundeshaushalts mit einer zeitgemäßen Konjunkturpolitik verbunden.

Lautes Getöse lag Hans Matthöfer nicht, strenge Sachlichkeit prägte das Auftreten des Gewerkschafters, Politikers und Managers. Das trug dem Sozialdemokraten den Ruf eines spröden Technokraten ein. Doch gelang es Matthöfer, die durch die Neue-Heimat-Affäre ins Trudeln geratene Gewerkschaftsholding BGAG aus den Schlagzeilen und der Verlustzone zu bringen. Als Matthöfer 1997 nach zehn Jahren das Amt des Vorstandsvorsitzenden abgab, galt er als erfolgreicher Sanierer.

Für die SPD war der am 25. September 1925 in Bochum geborene Matthöfer ein Intellektueller mit "Stallgeruch". Sein Vater war Hütten- und Fabrikarbeiter, dessen jahrelange Arbeitslosigkeit die Kindheit des Sohnes im Ruhrpott prägte. Über den zweiten Bildungsweg wurde Matthöfer Diplom-Volkswirt, er erlernte vier Sprachen. Die stete Verbesserung der Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten blieb ihm ein Anliegen, für das er sich auch über das Rentenalter hinaus einsetzte.

Als Leiter der Bildungsabteilung begann seine Karriere bei der IG Metall. 1961 wurde Matthöfer erstmals in den Bundestag gewählt, dem er bis 1987 ununterbrochen angehörte. In der SPD war Matthöfer seit 1951, setzte sich auch dort für die Mitbestimmung und die "Humanisierung des Arbeitslebens" ein, unterstützte afrikanische Befreiungsbewegungen und half inhaftierten spanischen Gewerkschaftern.

Matthöfer blieb lange aktiv, kein beschauliches Rentnerleben

Anfang der siebziger Jahre wurde er Parlamentarischer Staatssekretär im Entwicklungshilfeministerium. 1974 holte Helmut Schmidt ihn als Forschungsminister in sein Kabinett. Schon ein Jahr später forderte die CDU/CSU-Opposition seine Entlassung, weil Matthöfer die chilenische Militärjunta eine "Mörderbande" genannt hatte. Den Zorn der SPD-Linken zog sich Matthöfer in der 1976/77 heftiger werdenden Diskussion um die Atomenergie zu, bei der er eine eindeutige Festlegung vermied.

Als Finanzminister rückte Matthöfer stärker von linken Positionen ab. In seiner Amtszeit ab 1978 versuchte er, die Staatsschulden zurückzufahren und das Wirtschaftswachstum dabei nicht zu gefährden. Mit Rückendeckung seines Freundes Helmut Schmidt legte er sich mit der eigenen Fraktion an und warnte davor, die wachsende Arbeitslosigkeit über höhere Staatsausgaben zu bekämpfen. Stattdessen sollte mehr auf die Kräfte des Marktes vertraut werden.

Die Zunahme der Staatsverschuldung konnte Matthöfer dennoch nicht verhindern. 1982 gab er das Amt ab, ließ sich aber von Schmidt zur Übernahme des Postministeriums überreden. Dies sei eine seiner schönsten Aufgaben gewesen, sagte er später. Doch die Freude währte nur kurz, ein halbes Jahr später verließ die FDP die Koalition.

Aus der Politik zog sich Matthöfer 1987 zurück. Nachdem er auch den Posten des SPD-Schatzmeisters niedergelegt hatte, ging er als Vorstandsvorsitzender zur BGAG und schied dort 1997 aus. An ein beschauliches Rentnerdasein dachte er dennoch nicht. Matthöfer blieb Mitglied zahlreicher Aufsichtsräte und beriet Einrichtungen, die sich für Bildung und Mitbestimmung einsetzen.

jol/dpa/AFP
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