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Markus Feldenkirchen

Debatte über Rot-Rot-Grün Die Tabu-Koalition

Markus Feldenkirchen
Eine Kolumne von Markus Feldenkirchen
SPD, Grüne und Linke haben inhaltlich die größten Gemeinsamkeiten von allen denkbaren Dreierkoalitionen. Doch statt sich zu einem Linksbündnis zu bekennen, drucksen Olaf Scholz und Annalena Baerbock rum.
aus DER SPIEGEL 37/2021
Linksbündnis, Symbolbild

Linksbündnis, Symbolbild

Foto:

Patrick Pleul/ DPA

Wenn Wahlprogramme kein Beitrag zur Bürgerverdummung sein sollen, dann verstehe ich den verschwurbelten Umgang von SPD und Grünen mit der Linken nicht. Jedes Mal, wenn Annalena Baerbock oder Olaf Scholz in diesen Tagen gefragt werden, wie sie zu einem Linksbündnis nach der Bundestagswahl stehen, erwecken sie den Eindruck, als handele es sich um die absurdeste Idee seit Erfindung der unbefleckten Empfängnis. Als verböte sich der Gedanke quasi von selbst.

Wenn Wahlprogramme allerdings mehr als nur Folklore sein sollen, erscheint eine Koalition aus SPD, Grünen und der Linken gar nicht so absurd. Im Gegenteil: Sie wäre ziemlich logisch. Inhaltlich wäre sich dieses Dreierbündnis näher als jedes andere, die Programme sind zu größten Teilen miteinander kompatibel. Beim Klimaschutz, bei der Haushalts- und Steuerpolitik, bei der Arbeits- und Sozialpolitik, beim Umgang mit Geflüchteten und anderen Minderheiten. Bei der Gleichberechtigung von Frau und Mann. Die Liste ließe sich lange fortsetzen. Trotz der nicht zu übersehenden Differenzen in der Außenpolitik: Mit der Linken hätten SPD und Grüne weit mehr Gemeinsamkeiten als in einer Ampelkoalition mit der FDP.

Zugegeben, zum ersten Mal seit 1982 werden die Genossen von Liberalen nicht mehr systematisch als »Stalker« beleidigt, auch schließt die Partei von Christian Lindner eine Ampelkoalition zumindest nicht mehr kategorisch aus. Aber das ändert ja nichts daran, dass die meisten Liberalen ein völlig anderes Welt- und Gesellschaftsbild haben als Sozialdemokraten und Grüne.

Aus: DER SPIEGEL 37/2021

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Sollten die führenden Vertreter von SPD und Grünen wirklich inhaltliche Anliegen haben, müssten sie sich klar und offen zu einem Linksbündnis bekennen. Andernfalls entsteht der Eindruck, dass Wahlprogramme nur zur Beruhigung von Saskia Esken, Kevin Kühnert oder Jürgen Trittin verfasst werden. Zur Wahrheit gehört jedenfalls: Nichts, was ihnen heilig oder wenigstens wichtig ist, werden SPD und Grüne mit der FDP erreichen: keinen höheren Mindestlohn, keinen höheren Spitzensteuersatz, keine Vermögensteuer, keinen massiven Ausbau erneuerbarer Energien, keinen Mietendeckel, kein Ende des Zweiklassensystems in der Gesundheitsversicherung. Das alles – und noch viel mehr – wäre mit den Linken problemlos zu machen. Es sei denn, man hält die Möglichkeit, sich an neuen Militäreinsätzen zu beteiligen und weiter Waffen exportieren zu können, für wichtiger als alles andere.

Und dann wäre da noch die Sache mit der Nato, aus der die Linke am liebsten aussteigen würde. Dass diese Forderung einer Regierungsbildung im Wege stehen soll, halte ich für vorgeschoben. Erstens ist jedem relevanten Linkenpolitiker klar, dass man als Sechs-Prozent-Partei die Forderung nach einem Ende der Nato-Mitgliedschaft zumindest ein paar Jährchen zurückstellen muss, wenn man im Bund mitregieren möchte.

Zweitens hat die Linke in ihrem Sofortprogramm (anders als im Wahlprogramm) auf die Forderung nach einem Nato-Ausstieg verzichtet. Und drittens hat die SPD schon einmal eine Bundesregierung mit einer Partei gebildet, die in ihrem Wahlprogramm erklärt hatte, die »Nato ablösen« zu wollen. Das war 1998. Die Partei hieß Die Grünen. Kurz darauf zog man mit der Nato in den Jugoslawien-Einsatz.

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