SPD-Mitgliedervotum zur GroKo Olaf Scholz spricht von "sehr, sehr hoher Beteiligung"
Mehr als 460.000 SPD-Mitglieder konnten bis Freitagabend ihr Votum zum Koalitionsvertrag mit der Union abgeben. Die Auszählung der Stimmen soll am späten Nachmittag beginnen und die ganze Nacht andauern. Das Ergebnis soll Sonntagmorgen bekanntgegeben werden. "Wir wissen schon jetzt, dass es eine sehr, sehr hohe Beteiligung gegeben haben wird", sagte der kommissarische Parteichef Olaf Scholz.
Demnach haben sich an der Mitgliederbefragung der SPD über eine Beteiligung an einer neuen Großen Koalition Hunderttausende Sozialdemokraten beteiligt. Scholz sagte, das Ergebnis werde jedem Fall dazu beitragen, dass die SPD geschlossen weitergehe. Unglaublich viele Mitglieder hätten sich an der Debatte über den Koalitionsvertrag mit den Unionsparteien beteiligt: "Das führt zusammen."
Der SPD-Vorstand kam am Samstag in Berlin zu einer zweitägigen Klausurtagung zusammen. Die designierte SPD-Vorsitzende Andrea Nahles geht von einem Ja der Basis zur Neuauflage der GroKo aus. Über etwas anderes "spekuliere ich auch gar nicht", sagte Nahles. "Ich bin natürlich auch ein bisschen gespannt, wie das Ergebnis ist", räumte sie noch ein: "Es wird doch hoffentlich kein negatives Ergebnis geben."
Optimistischer zeigte sich ihr Parteikollege Thomas Oppermann. 55 Prozent plus X würden seiner Ansicht nach für das schwarz-rote-Bündnis votieren, sagte der Bundestagsvizepräsident der "Welt". Eine Ablehnung wäre für Deutschland, die SPD und vor allem Europa ein Desaster, sagte Oppermann. "Ich denke aber nicht, dass es dazu kommt."
Zugleich gaben sich aber auch die GroKo-Gegner zuversichtlich. "Ich bin optimistisch, dass wir in der Lage sind, diese Abstimmung zu gewinnen", sagte Juso-Chef Kevin Kühnert, der das Nein-Lager anführt.
SPD will sich "auf Herz und Nieren prüfen"
Um Mitternacht war die Frist zur Stimmabgabe für die SPD-Mitglieder abgelaufen. In der Nacht zum Sonntag sollen 120 freiwillige Helfer die Stimmen auszählen. Sollte die sozialdemokratische Basis mehrheitlich Ja sagen zum Koalitionsvertrag, steht einer neuen Regierungskoalition aus SPD, CDU und CSU nichts mehr entgegen.
Unabhängig von dem am Sonntagmorgen erwarteten Ausgang des Votums will die Partei mit ihrem Führungstreffen nach Angaben von Fraktionschefin Nahles ein Signal geben, dass die Debatte über die Erneuerung der Partei nun beginne. "Wir wollen Raum schaffen für Zukunftsdebatten in der SPD", sagte Nahles. Die Partei werde sich "auf Herz und Nieren prüfen, ob unsere Antworten für die Zukunft auch ausreichen". Der SPD-Parteitag hatte im Dezember beschlossen, einen Prozess für die Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms zu starten.
Querschüsse vom ehemaligen Kanzlerkandidaten
Pünktlich zur Klausurtagung und zur Auszählung des Mitgliedervotums meldete sich im SPIEGEL auch der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zu Wort. Er sieht seine Partei in einem verheerenden Zustand und wirft den Sozialdemokraten vor, sich in einer "Vielfaltseuphorie" von den Alltagssorgen in der Bevölkerung entkoppelt zu haben. "Die Partei hat zum dritten Mal hintereinander die Bundestagswahl krachend verloren. Sie ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit", sagte Steinbrück.