SPD Ominöse Spenden bringen NRW-Innenminister in Bedrängnis

NRW-Innenminister Jäger (SPD): Um eine Empfehlung gebeten
Foto: DDPDüsseldorf - Der Fachanwalt für Familien- und Strafrecht Lothar V. scheint kein Mann der leisen Töne gewesen zu sein: Er war Karnevalsprinz am Niederrhein (Motto: "Wer feiert und lacht, ist immer im Recht"), kandidierte für die SPD als Landrat, und seine Selbstdarstellung, mit der sich der Jurist im Internet unter anderem seiner "vernünftigen Kompromissbereitschaft" und "praktischen Betrachtungsweise" rühmte, nahm mehr als 100 Zeilen ein.
Das war einmal.
Der ehrgeizige Ex-Rechtsanwalt steht längst im Zentrum einer hässlichen Affäre, die immer größere Kreise zieht und nun auch den nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD) zu beschädigen droht. Weil Lothar V. mehr als 300.000 Euro aus den Kassen seiner Krefelder Kanzlei, die er mit Kollegen betrieb, veruntreut haben soll, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn. Und das hat Folgen.
Die Untersuchungen erbrachten Hinweise auf eine fragwürdige Spendenpraxis bei der Duisburger SPD, deren Chef der nordrhein-westfälische Innenminister ist. Demnach vermittelte Ralf Jäger der örtlichen Gesellschaft für Beschäftigungsförderung (GfB) den Anwalt V., der dieser daraufhin mehrere Gutachten erstellte und dafür kassierte. Anschließend flossen Ende 2008 von einem Konto der Kanzlei 6000 Euro an die klamme Duisburger SPD. Verwendungszweck: "Spende". Von einer anderen Bankverbindung der Sozietät gingen noch einmal 3000 Euro an die Sozialdemokraten.
Die Frage ist daher: Bediente sich die SPD über Umwege aus den knappen Mitteln einer gemeinnützigen Gesellschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, Arbeitslose wieder in Lohn und Brot zu bringen?
"Offen und transparent"
Jäger weist diese Vorwürfe entschieden zurück. Schriftlich teilt er mit: "Spenden an Parteien dürfen nicht aufgrund von Aufträgen erfolgen. Es darf noch nicht einmal der Anschein erweckt werden." Er wolle, so der Innenminister, dass der Sachverhalt "offen und transparent dargelegt" werde. Deshalb solle ein Wirtschaftsprüfer die Aufträge der GfB kontrollieren. "Das Ergebnis wird öffentlich gemacht", so der Minister.
Der Geschäftsführer der GfB, als deren Aufsichtsratchef Jäger auch noch fungiert, entlastet den Innenminister. Ingo Schachta ließ wissen, er habe Jäger im Oktober 2008 gebeten, ihm eine Kanzlei für kommunales Wirtschaftsrecht zu empfehlen. Dieser habe ihm daraufhin die Sozietät von Lothar V. genannt, jedoch darauf hingewiesen, dass es ihm egal sei, ob der Auftrag tatsächlich an diese Firma gehe.
Ein ganz normaler Vorgang also?
Die Opposition im Düsseldorfer Landtag ist anderer Ansicht. Die Spendenaffäre um Innenminister Jäger scheine sich immer mehr auszuweiten, sagte CDU-Generalsekretär Oliver Wittke. "Es kann nicht sein, dass dieses zwielichtige Finanzgebaren der Duisburger Sozialdemokraten so weitergeht. Ich fordere die SPD-Landesvorsitzende Kraft auf, für Ordnung zu sorgen, umfassend aufzuklären und dem Treiben ein Ende zu setzen."
Der FDP-Fraktionschef Gerhard Papke will daher eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragen. "Es ist bei uns der Eindruck entstanden, dass die SPD in Duisburg systematisch öffentliche Aufträge hat vergeben lassen, von denen sie am Ende selbst profitierte. Das ist ein bemerkenswerter Vorgang."
Weitere Schwachstellen
Und es gibt sogar noch weitere Schwachstellen in der Spendenpraxis der Duisburger SPD. Bei der Kommunalwahl 2009 mussten sich die Mandatsbewerber schriftlich verpflichten, nach einer erfolgreichen Kandidatur bis zu 800 Euro an die SPD zu spenden. Eine Praxis, die auch in anderen Parteien nicht vollkommen unüblich zu sein scheint.
Der örtliche SPD-Geschäftsführer Jörg Lorenz räumte jedoch inzwischen ein, dass man "mit der Schriftform" Grenzen überschritten habe. Dies werde geändert. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass eine Kandidatur käuflich sei. Die SPD zeigte sich bei der Bundestagsverwaltung zugleich selbst wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Parteienfinanzierungsgesetz an. Man führe nun eine "Sachverhaltsklärung" durch, sagte ein Sprecher des Bundestags. Die Ergebnisse sollten zeitnah vorliegen.
Der Rechtsanwalt Lothar V., dessen geschäftliche und politische Umtriebigkeit zu der Affäre geführt haben könnte, macht sich seither rar. In seiner Heimatstadt wurde er schon länger nicht mehr gesehen. Seinem Mandanten gehe es gesundheitlich nicht gut, teilte V.s Düsseldorfer Anwalt auf Anfrage mit. Und im Übrigen weise Lothar V. die Vorwürfe entschieden zurück: Die Überweisungen von den Kanzleikonten an die SPD habe nicht V. veranlasst.
Die Duisburger SPD hat die gespendeten 9000 Euro inzwischen zurückgezahlt. Erledigt ist die Sache damit wohl noch nicht.