Peer Steinbrück: Ein Blumenstrauß und viel Jubel für den Kanzlerkandidaten
Foto: Kay Nietfeld/ dpaHannover - Er will ins Kanzleramt einziehen und hat von seiner Partei jetzt auch offiziell den Auftrag dafür: Die SPD hat Peer Steinbrück auf ihrem Sonderparteitag in Hannover zum Kanzlerkandidaten gekürt. Der 65-Jährige erhielt 93,45 Prozent der Delegiertenstimmen.
Zuvor hatten ihn die Delegierten minutenlang für seine Rede gefeiert. Darin hatte Steinbrück den Anspruch seiner Partei auf einen Machtwechsel im kommenden Jahr angemeldet. "Wir sind es diesem Land schuldig, wieder einen sozialdemokratischen Bundeskanzler zu stellen", sagte der frühere Finanzminister. Er wolle im Wahlkampf für einen Richtungswechsel kämpfen, "damit es im Anschluss zu einem Regierungswechsel kommt", sagte Steinbrück. Er wolle gemeinsam mit den Grünen eine Regierung bilden. "Worüber ich mir keinen Kopf mache, ist ein anderes Szenario", sagte er mit Blick auf Spekulationen etwa über ein schwarz-rotes Bündnis. "Ich stehe für eine Große Koalition nicht zur Verfügung."
Steinbrück bedankte sich bei seiner Partei dafür, dass sie ihm in den vergangenen Wochen trotz der Debatte über seine umstrittenen Nebeneinkünfte viel Solidarität entgegengebracht habe. "Das hat mich berührt, das werde ich nicht vergessen." Seine Vortragshonorare seien "Wackersteine" in seinem Gepäck gewesen, er habe sie der Partei "auf die Schultern gelegt", er bedanke sich dafür, "dass Ihr diese Last mitgetragen und ertragen habt".
Hart ging der frühere Bundesfinanzminister in seiner von den Delegierten bejubelten Rede mit der Regierung ins Gericht. Die Union sei zu einer "bloßen Machtmaschine geworden", sagte der SPD-Politiker. "Politisch wirkt die Union seltsam orientierungslos." Er warf Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, keinen klaren Kurs in der Euro-Krisen-Politik zu fahren. "Bei Frau Merkel bleibt vieles im Ungefähren, und das ist nicht ungefährlich", sagte Steinbrück.
"Mir geht es um ein neues Gleichgewicht", sagte Steinbrück mit Blick auf seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen. Die Marktwirtschaft müsse wieder stärker auf das Gemeinwohl verpflichtet werden. "Deutschland braucht wieder mehr Wir und weniger Ich."
Steinbrück verteidigte in seiner Rede vor den Delegierten die Reformpolitik der früheren rot-grünen-Koalition unter Altkanzler Gerhard Schröder, bekannte sich aber ausdrücklich zum "deutschen Wohlfahrtsstaat", der die "materielle Einlösung des Solidaritätsversprechens" sei.
Steinbrück forderte die Bundesregierung zu einem stärkeren Engagement gegen Rechtsextremismus auf. Schwarz-gelb verharmlose rechte Gewalt, in dem sie diese mit linker Gewalt gleichsetze. Er forderte die Regierung zudem auf, sich dem von den Ländern geplanten Antrag für ein Verbot der rechtsextremen NPD anzuschließen.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Geschafft - Peer Steinbrück genießt nach seiner Rede auf dem SPD-Sonderparteitag in Hannover den Jubel der Delegierten. Wenig später gab es ein hervorragendes Ergebnis für den 65-Jährigen: Mit 93,45 Prozent der Stimmen wurde er zum Kanzlerkandidaten gewählt.
Mit einer energischen Rede bewarb sich Steinbrück am Sonntag um die Kanzlerkandidatur: "Immer dann, wenn Sozialdemokraten regiert haben, ging es diesem Land besser."
Mann aus der Mitte: Von der einstigen Troika mit Frank-Walter Steinmeier (l.) und Siegmar Gabriel (r.) ist Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat übrig geblieben.
Ein Kuss für den frisch gekürten Kanzlerkandidaten: Gertrud Steinbrück gratuliert ihrem Mann.
Der Einzug des Kandidaten wurde am Sonntag von den Delegierten gefeiert.
Viel Lob gab es von der Parteispitze: SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, Steinbrück sei "der richtige Kanzlerkandidat für die Sozialdemokraten" - gerade weil er nicht zunächst als Sozial-, sondern als Wirtschaftspolitiker wahrgenommen werde.
Wir Genossen halten zusammen: SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier, Steinbrück und SPD-Chef Gabriel feiern das Wahlergebnis auf dem Sonderparteitag in Hannover.
Unterstützung gab es auch von der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: "Wir alle stehen an deiner Seite, werden mit dir gemeinsam am Zaun vom Kanzleramt rütteln und sagen, wir wollen da rein." Eine Anspielung auf dem ehemaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder...
...der ebenfalls brav applaudierte.
Selbst Altkanzler Helmut Schmidt war nach Hannover gekommen.
Konzentriert lauschte er den Redebeiträgen.
Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace störten auf dem SPD-Sonderparteitag kurzzeitig die Rede von Steinbrück. In Anspielung auf dessen Vortragshonorare waren auf Transparenten der Kandidat als Bergmann und der Schriftzug "Genug Kohle gescheffelt" zu sehen.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden