Berlin- Frank-Walter Steinmeier ist am Morgen überraschend an die Öffentlichkeit getreten. Kurzfristig lud er zu einer Pressekonferenz in Berlin. Seine Ankündigung: Er ziehe sich für einige Wochen aus der Politik zurück. Der SPD-Fraktionschef will seiner Ehefrau Elke Büdenbender eine Niere spenden. Die 48-Jährige leidet seit Jahren an Nierenschwäche. Anfang 2010 verschlechterte sich ihre gesundheitliche Verfassung dramatisch. Sie brauche nun eine Organtransplantation, sagte Steinmeier. Wegen der langen Wartezeiten für Spendernieren habe sich die Familie zu einer Lebendspende entschieden. Er werde der Spender sein. Nach Angaben seiner Ärzte müsse er wegen des Eingriffs nicht mit gesundheitlichen Einschränkungen rechnen.
Noch im Tagesverlauf will er sich dafür in ärztliche Obhut begeben. Die Operation für die Verpflanzung der Niere solle im Laufe dieser Woche stattfinden. Er gehe davon aus, dass er im Verlauf des Oktobers wieder seine Arbeit aufnehmen werde, sagte Steinmeier und betonte ausdrücklich, dass er sich nicht aus der Politik zurückziehen werde. "Sie werden mich hier in alter Frische wiedersehen", betonte der Sozialdemokrat.
Steinmeier fügte hinzu, die Führung von Fraktion und Partei sei informiert. Er habe Fraktionsvize Joachim Poß gebeten, während seiner Abwesenheit die Amtsgeschäfte zu übernehmen.
Steinmeier und die Verwaltungsrichterin Büdenbender sind seit 1995 verheiratet. Sie haben eine gemeinsame Tochter.
Der Fraktionsvorsitzende verband seine Ankündigung mit der Bitte an die Medien, angesichts der Erkrankung seiner Frau seine Privatsphäre zu respektieren und von Nachforschungen im privaten Bereich abzusehen. Er werde die Öffentlichkeit zu gegebener Zeit informieren.
Wie Steinmeier haben früher schon andere hochrangige Politiker ihr Amt für ihre Familie zeitweise ruhen lassen. So verließ der damalige Arbeitsminister Franz Müntefering 2007 seinen Posten, um seine an Krebs erkrankte Frau zu pflegen. Wenige Wochen nach dem Tod der 62-Jährigen kehrte er Ende Juli 2008 in die Spitzenpolitik zurück.
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Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender: Das Paar ist seit 1995 verheiratet. Nun will der SPD-Fraktionschef eine Polit-Pause einlegen, um seiner Frau eine Niere zu spenden.
Das Ehepaar beim SPD-Parteitag 2008. Die beiden verbindet eine ähnliche Herkunft, wie Steinmeier auf seiner Homepage schreibt: "Elke hat einen ähnlichen Lebensweg wie ich. Auch ihr Vater hat als Tischler gearbeitet, auch ihre Mutter war berufstätig, auch sie war das erste Kind in ihrer Familie, das eine Universität von innen gesehen hat."
Besuch auf dem Oktoberfest: Büdenbender hatte nach einer Ausbildung zur Industriekauffrau ihr Abitur auf dem Kolleg nachgeholt und erst dann ihr Studium beginnen können.
Schon über 20 Jahre ein Paar: Nach Angaben von Steinmeier haben sich die beiden 1988 an der Uni in Gießen kennengelernt.
Sonderparteitag 2008: Strahlend gratuliert Elke Büdenbender ihrem Mann nach der Wahl zum Kanzlerkandidaten.
Bundespresseball 2009: In den vergangenen Monaten hat sich der Gesundheitszustand Büdenbenders deutlich verschlechtert. Sie leidet seit längerem an einer Nierenkrankheit.
Steinmeiers Erklärung für die Nieren-Spende: "Eine akute Zuspitzung ergab sich erst in den letzten Wochen und wir haben nach anderen Therapien gesucht, die nicht zur Verfügung standen", sagte Steinmeier. Wegen der langen Wartezeiten für ein Spenderorgan habe er sich dann entschieden, seine eigene Niere zu spenden.
Steinmeier kündigte an, er werde im Oktober seine Amtsgeschäfte wieder aufnehmen. "Ich gehe davon aus, dass Sie mich in alter Frische wiedersehen werden", sagte der einstige Außenminister.
Im Bundestag: Steinmeier ist seit September 2009 Fraktionschef der SPD
Abräumen der Wahlplakate: Steinmeier war für die SPD im Bundestagswahlkampf 2009 als Kanzlerkandidat angetreten
Auf Staatsbesuch: In der Großen Koalition zwischen 2005 und 2009 hatte Steinmeier den Posten des Außenministers inne. Hier fliegt er mit Kanzlerin Merkel gemeinsam in der Regierungsmaschine von Warschau zurück nach Berlin.
Im Gespräch mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder: Steinmeier war von 1999 bis 2005 Chef des Bundeskanzleramtes. In dieser Funktion gilt er als maßgeblicher Entwickler der Agenda 2010.