SPD-Wahlkampf Was ist das für 1 App?

Die SPD setzt auf einen modernen Wahlkampf: Bürger sollen gezielter angesprochen werden, mithilfe von Daten und einer App. Die entpuppt sich allerdings als schnödes Online-Formular.
SPD-App Tür zu Tür

SPD-App Tür zu Tür

Foto: SPD

Die Saarland-Pleite hat das Willy-Brandt-Haus durchgeschüttelt - aber nun freut man sich wieder über positive Zahlen: Nicht nur aktuelle Umfragen, laut denen die SPD bundesweit weiter Kopf an Kopf mit der Union liegt, sondern auch einen neuen Meilenstein bei den Eintritten gilt es zu verzeichnen: 15.000 zusätzliche Mitglieder wurden - Stand diese Woche - seit Jahresbeginn gezählt.

Noch erfreuter als auf die schiere Zahl schauen die SPD-Strategen auf die Altersstruktur bei den neuen Mitgliedern: 40 Prozent von ihnen sind nach Angaben von Bundesgeschäftsführerin Juliane Seifert unter 35 Jahren - zum Vergleich: nur elf Prozent sind es in der gesamten Mitgliedschaft. Martin Schulz spricht als SPD-Kanzlerkandidat und neuer Parteichef offenbar nicht nur besonders junge Wähler an, sondern bringt sie auch dazu, bei den Sozialdemokraten einzutreten.

Parteimanagerin Seifert spricht von "einem ganz neuen Input" für die überalterte SPD - und von neuen Wahlkämpfern, denen man beim Werben um Stimmen moderne Tools an die Hand geben will.

Natürlich wird es einen Haustürwahlkampf geben (Seifert betont: "Es geht uns um das persönliche Gespräch mit den Menschen"), doch die Bürger sollen dieses Mal gezielter angesprochen werden.

Dazu dient ein Satz soziodemografischer Daten für Deutschland, anhand derer die Kandidaten für einzelne Teilgebiete ihrer Wahlkreise ablesen können, wie groß beispielsweise der Anteil der männlichen und weiblichen Wähler ist, der Anteil der Rentner, der Studenten oder Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund. Entsprechende Daten sind je nach Kommune oder Region entweder frei verfügbar oder werden von Dienstleistern gegen Bezahlung bereitgestellt.

Beratung durch Obamas Wahlkampf-Guru

Für solche Dinge hat sich die Partei extra von Jim Messina beraten lassen, dem US-Wahlkampf-Guru und Barack Obamas Kampagnenchef bei der Präsidentschaftswahl 2012.

Doch Messina dürfte ziemlich frustriert gewesen sein, wie eng die datenschutzrechtlichen Grenzen in Deutschland im Vergleich zu den USA sind. In Amerika haben die Häuser-Wahlkämpfer eine App an der Hand, die mit sehr konkreten Informationen über Einkommen, letzte Wahlentscheidungen und Familiensituation befüllt ist.

Auch die SPD präsentiert nun eine App, die sogenannte Tür-zu-Tür-App, die im Haustürwahlkampf zum Einsatz kommen soll. Im Willy-Brandt-Haus ist man mächtig stolz auf dieses Tool, das am Samstag auf einem "Campaign Camp" der SPD in Hamburg vorgestellt werden soll.

Ab sofort können Wahlkämpfer damit verschiedene, ganz grundlegende Informationen eintragen, während sie Gespräche an der Haustür führen - oder im Anschluss daran. Die Daten werden dem betreffenden Straßenabschnitt zugeordnet. Dabei geht es um Fragen nach thematischen Interessen, der Wahrscheinlichkeit, für die SPD zu stimmen, und der Frage, am 24. September überhaupt zur Wahl zu gehen.

De facto aber ist diese App nur eine Website und diese Website nur ein Online-Formular. Der Wahlkämpfer trägt bis zu drei Informationen ein - über die statistische Auswertung erhält dann der Wahlkreiskandidat eine Ahnung davon, wie seine Gegend, ganz grob, tickt.

Im parteieigenen "Vorwärts" ist schon davon die Rede, "wie die SPD den Wahlkampf digitalisiert". Aber ob man die vielen jungen Neumitglieder wirklich mit einem Online-Formular für den Haustürwahlkampf begeistern kann?

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