Vermögensteuer, Hartz IV, Homeoffice Was die SPD auf ihrem Parteitag beschlossen hat

Die SPD will sich für eine grundlegende Reform des Sozialstaats in Deutschland einsetzen. Das Hartz-IV-System soll in Form eines Bürgergelds menschlicher gestaltet und die umstrittenen Sanktionen bei Pflichtverletzungen entschärft werden. Arbeitslose sollen zudem länger Arbeitslosengeld I beziehen können. Außerdem soll die Vermögensteuer wiedereingeführt werden. Das haben die Sozialdemokraten auf ihrem Bundesparteitag in Berlin entschieden, der am Sonntag zu Ende ging.
Zu den Beschlüssen des Parteitags sagte der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans, es sei darum gegangen, "dass wir unser Profil wiedergewinnen" und "deutlich machen, wofür wir stehen". Auf die inhaltliche Arbeit könnten die Delegierten stolz sein, sagte auch Saskia Esken, mit der Walter-Borjans die neue Doppelspitze der Partei bildet.
Wofür sich die Genossen seit Freitag im Einzelnen ausgesprochen haben, lesen Sie hier:
GroKo: Ein schneller Ausstieg aus der Koalition ist nicht das Ziel. Mit der Union soll es Gespräche über neue Vorhaben geben. Später soll der Parteivorstand entscheiden, ob dies reicht.
Vermögensteuer: Die SPD will, dass besonders reiche Bürger wieder mehr Steuern zahlen. Dafür soll erneut eine Vermögensteuer eingeführt werden.
Klimaschutz: Die SPD fordert einen "sozial gerechten und wirksamen" und damit höheren Preis auf das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2), als er im bisherigen Klimaschutzpaket der Bundesregierung vorgesehen ist.
Investitionen: Erreicht werden sollen mehr öffentliche Investitionen in den Bereichen Bildung, Verkehr, Kommunikation und Klimaschutz. Es sei unrealistisch, 450 Milliarden Euro über die kommenden zehn Jahre nur durch Umschichtung im Etat zu finanzieren. Deshalb soll die Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Form "perspektivisch" überwunden werden.
Arbeitslosengeld: Arbeitslose sollen länger ALG I beziehen können. Bei mindestens 20 Jahren Beitragszeit soll sich der Anspruch um drei Monate, ab 25 Jahren um sechs Monate und ab 30 Jahren um neun Monate erhöhen. Länger kann Arbeitslosengeld bei einer Weiterbildungsmaßnahme gezahlt werden - und zwar als Arbeitslosengeld Q (wie Qualifizierung) maximal 36 Monaten lang. Heute besteht ein Anspruch auf höchstens 24 Monate Arbeitslosengeld ab einem Alter von 58.
Hartz IV: Die Grundsicherung soll künftig Bürgergeld heißen. In einem ersten Schritt soll ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden: Die Jobcenter sollen die monatlichen Leistungen nicht stärker als um 30 Prozent kürzen. Strengere Sanktionen für unter 25-Jährige und Kürzungen von Wohnkosten sollen abgeschafft werden. Bei allen, die aus dem Bezug von ALG I kommen, soll für zwei Jahre Vermögen und die Wohnungsgröße nicht überprüft werden. Wer Bürgergeld erhält, soll ein Recht auf Förderung haben, wenn er einen Berufsabschluss nachholen will.
Homeoffice: Ein Recht auf mobiles Arbeiten und Homeoffice soll gesetzlich verankert werden. Zeitkonten sollen Mitarbeiter mehr Flexibilität darin geben, wie sie sich ihre Arbeit aufteilen.
Mindestlohn: Er soll perspektivisch auf zwölf Euro angehoben werden. Dafür soll das Mindestlohngesetz 2020 weiterentwickelt werden. Die öffentliche Hand soll bei der Auftragsvergabe mit gutem Beispiel vorangehen.
Pflege: Eine Bürgerversicherung soll den Unterschied zwischen privat und gesetzlich Versicherten in der Pflege beenden und helfen, die Eigenanteile längerfristig abzuschaffen. Das Ziel: eine Vollversicherung. Pflege, die nur aus medizinischen Gründen erfolgt, soll künftig komplett von der Krankenversicherung bezahlt werden. Ein Familienpflegegesetz soll Angehörigen mehr zeitlichen und finanziellen Spielraum für die Pflege geben.
Rente: Langfristig soll das Rentenniveau stabilisiert werden. Eine weitere Erhöhung der Regelaltersgrenze soll es nicht geben - aber konkrete Schritte zur Einführung einer Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen.
Kindergrundsicherung: Hartz IV für Kinder soll abgeschafft werden. Familienleistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Hartz IV für Kinder und Teilhabeleistungen sollen zusammengefasst werden. Für jedes Kind in Deutschland soll es ein neues Kindergeld von mindestens 250 Euro pro Monat geben. Bei Familien mit geringem Einkommen soll das Kindergeld auf bis zu 400 Euro für Kinder bis sechs Jahre, 458 Euro für 6- bis 13-Jährige und 478 Euro für Jugendliche ab 14 Jahren anwachsen können.
Mieten: In einem "Sozialpakt für bezahlbares Wohnen" sollen das Mietrecht weiter reformiert und pro Jahr 1,5 Millionen Wohnungen neu gebaut werden. Die SPD will die Mieten in beliebten Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt für fünf Jahre so gut wie einfrieren. Erhöhungen sollen maximal in Höhe der Inflationsrate möglich sein. Spekulation mit leerstehenden Häusern und unbebauten Grundstücken sollen beschränkt werden.
Windkraft: Die SPD wandte sich gegen aus ihrer Sicht pauschal überzogene Mindestabstände zwischen Windrädern und Wohnhäusern. Diese seien "nicht geeignet", nötige Flächen für die Windenergie zur Verfügung zu stellen. Hintergrund ist ein Entwurf für ein Kohleausstiegsgesetz des Wirtschaftsministeriums. Demnach soll ein Mindestabstand von 1000 Metern von Windrädern zur Wohnbebauung schon bei mehr als fünf Häusern greifen.