Umstrittene Spendenaktion Bayern-Piraten werfen Ponader Egotrip vor

Pirat Ponader: Politischer Höhenflug vorerst vorbei
Foto: dapdBerlin - Die Piratenpartei nähert sich der Fünfprozentmarke - allerdings mit sinkender Tendenz: In dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer fielen die Piraten um einen Punkt auf sechs Prozent ab, auch bei anderen Umfrageinstituten geht es abwärts. Der Bedeutungsverlust der Partei ist messbar, der Einzug in den Bundestag gilt längst nicht mehr als sicher.
Zank statt Haltung, schnell verbranntes Führungspersonal, eine Aufmerksamkeitsflaute nach den Landtagswahlen - es gibt viele Gründe für den Sinkflug. Wahlforscher machen dafür aber auch die anhaltende Debatte um den Politischen Geschäftsführer Johannes Ponader verantwortlich. Immer mehr Piraten sehen das ebenso, der Oberpirat gerät zunehmend unter Druck.
"Es entsteht der Eindruck, Johannes Ponader gehe es nicht um uns alle als Piraten, sondern um seine persönliche Agenda", sagte der bayerische Piratenchef Stefan Körner am Freitag SPIEGEL ONLINE. "Das schadet unserer gesamten Außenwirkung". Mit über 6000 Piraten ist Bayern bundesweit der mitgliederstärkste Landesverband.
"Er sollte sich zurücknehmen"
Körner fügte hinzu, er halte nichts von Rücktrittsforderungen, "unsere Stärke ist es, solche Debatten aushalten zu können". Zugleich rief er Ponader zu einer "Kurskorrektur" auf. "Unser Politischer Geschäftsführer sollte sich etwas zurücknehmen, damit seine persönliche Lebenssituation nicht eins zu eins auf die Piratenpartei übertragen wird. Man braucht Personen, um politische Inhalte zu erklären - das darf aber nicht dazu führen, dass sich einzelne Piraten in den Vordergrund drängen."
Ponader, der als Kämpfer für die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens gilt, hatte nach seinem Amtsantritt im Frühjahr öffentlich sein Lebenskonzept als "Gesellschaftskünstler" verteidigt. Bis vor kurzem verdiente der 35-Jährige seinen Lebensunterhalt mit einer Mischung aus Gelegenheitsjobs als Theaterpädagoge, Kulturprojekten und Hartz IV.
Wenig später entschied sich Ponader dann für den Abschied vom Arbeitsamt, um gegen die "Gängelung durch das Jobcenter" zu protestieren. Künftig wolle er von seinen Projekten und der Unterstützung von Freunden leben. Seit kurzem sammeln Mitglieder per Crowdfunding-Prinzip Geld für Ponader, damit der sich unabhängig von Arbeitslosengeld und Gelegenheitsjobs auf sein Piratenamt konzentrieren kann. Die Aktion ist in der chronisch klammen Partei sehr umstritten.
Initiative fordert Rücktritt
Derzeit sieht es nicht so aus, als würde die Aufregung über die Spendenaktion abklingen. Tatsächlich, so berichten Piraten aus mehreren Bundesländern, häufe sich an Infoständen das Feedback, dass die Piraten mit Johannes "nicht mehr wählbar" seien. "Der arbeitet nicht und will Geld für alle", dieser Eindruck werde bei vielen Menschen suggeriert, klagt ein Mitglied in einem Diskussionspapier.
Die frühere Beisitzerin im Bundesvorstands und Chefredakteurin der hauseigenen Postille "Flaschenpost" bloggte am Donnerstag, Ponader "missbrauche" sein Amt, "um medial für sich als Person zu werben statt für die Partei und ihre Positionen". Eine Gruppe anonymer Piraten hat sich zu der Initiative "Jobsuche für Johannes Ponader" zusammengeschlossen. Sie fordert ihn zum Rücktritt auf, sollte der Politische Geschäftsführer an seiner umstrittenen Spendenaktion festhalten.
Ponader selbst sieht sich auf dem richtigen Weg. Am Freitag warb er für Unterstützung, eine "Argumentationshilfe an Stammtischen und Infoständen" zu erstellen, um irritierten Anhängern etwas entgegensetzen zu können.
Doch möglicherweise lässt sich der Schaden nicht mehr rückgängig machen. Der Berliner Fraktionschef Christopher Lauer betonte, er finde die Idee der Spendenaktion "nachahmenswert", er schätze auch Ponaders politische Arbeit. Allerdings sei es von Ponader falsch gewesen, seine persönliche finanzielle Situation mit dem Schlagwort bedingungsloses Grundeinkommen zu verknüpfen - und somit zu einer Parteisache zu machen. Ponader habe sich "schlichtweg vergaloppiert", so Lauer.