Verteidigungsministerium Bundesanwaltschaft ermittelt gegen möglichen US-Spion

Die Spionageaffäre mit den USA weitet sich offenbar aus: Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen einen weiteren mutmaßlichen Spitzel - er soll im Verteidigungsministerium arbeiten. Beamte durchsuchten Räume in Berlin.

Berlin - Die Bundesanwaltschaft hat ein weiteres Spionageverfahren eröffnet, das die deutsch-amerikanischen Beziehungen belasten könnte. Die Behörde bestätigte am Mittwochmorgen, dass gegen einen weiteren mutmaßlichen Spion ermittelt wird. Er soll für den amerikanischen Geheimdienst in Deutschland tätig gewesen sein. Über den Verdacht hatte kurz zuvor die "SZ" berichtet.

Eine Festnahme habe es nicht gegeben, so die Bundesanwaltschaft. Das Bundeskriminalamt bestätigte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE, dass Beamte des BKA und der Bundesanwaltschaft im Großraum Berlin die Wohn- und Büroräume der Person durchsucht haben. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, dass es im "Bereich des Ministeriums" Ermittlungen gebe.

Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE war der Verdächtige zunächst dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) aufgefallen, der für die Spionageabwehr bei der Bundeswehr und dem Verteidigungsministerium zuständig ist. Demnach war ein Soldat, der für das Ministerium in Berlin arbeitet, wegen verdächtiger Kontakte zu Personen aufgefallen, die möglicherweise für einen US-Geheimdienst tätig sind.

Als sich der Verdacht erhärtete, dass der Soldat geheime Informationen an seine Kontaktleute weitergegeben haben könnte, gab der MAD den Fall an die Justiz weiter. Kenner der Ermittlungen betonten, dass die Beteiligung eines US-Geheimdienstes noch nicht erwiesen sei, die Recherchen würden aber in diese Richtung gehen.

Bundestag ist beunruhigt über neuen Fall

Im Bundestag ist man über den neuen Spionagefall äußerst beunruhigt. Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen wurde für Donnerstagmittag um 12 Uhr eine Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) einberufen. Das Gremium ist für die Kontrolle der deutschen Geheimdienste zuständig.

Vergangene Woche war ein 31 Jahre alter BND-Mitarbeiter festgenommen worden, der für die CIA spioniert haben soll. Er soll nach eigenen Aussagen über zwei Jahre 218 Dokumente an US-Geheimdienste weitergeleitet und rund 25.000 Euro dafür kassiert haben. Mehrere Treffen mit einem amerikanischen Agentenführer fanden demnach in Österreich statt.

"Sehr ernster Vorgang"

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich während ihres China-Besuchs verärgert gezeigt - da war der neue Fall noch nicht bekannt geworden. Sollte sich eine Kooperation mit dem US-Geheimdienst bewahrheiten, "handelt sich das um einen sehr ernsthaften Vorgang".

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte verständnislos reagiert. "Es wäre höchst beunruhigend, wenn es munter mit dem Bespitzeln weiterginge, während wir gerade dabei sind, die NSA-Abhöraktivitäten aufzuarbeiten und dafür im Bundestag einen Untersuchungsausschuss eingerichtet haben", sagte Steinmeier der "Saarbrücker Zeitung". "Der Versuch, mit konspirativen Methoden etwas über die Haltung Deutschlands zu erfahren, gehört sich nicht nur nicht, es ist auch völlig überflüssig."

CIA-Chef telefonierte mit Kanzleramt

Wegen der bislang bekannten Spionageaffäre hatte der Chef der CIA, John Brennan, nach Informationen des SPIEGEL im Kanzleramt angerufen sowie ausgewählte Senatoren im Kongress eingeweiht. Seine Mission: Schadensbegrenzung - sowohl in Deutschland als auch in Washington, wo die Kritik an der CIA lauter wird.

Über den Inhalt des Gesprächs zwischen Brennan und dem Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche, hüllen sich beide Seiten in Schweigen.

Bereits am Freitag hatte das Auswärtige Amt den US-Botschafter John Emerson zum Gespräch gebeten und auf rasche Aufklärung gedrängt. Am Mittwoch kam er erneut zu einem Gespräch ins Auswärtige Amt. Dies verlautete aus Regierungskreisen. Zum Inhalt des Gesprächs, das von deutscher Seite von AA-Staatssekretär Stephan Steinlein geführt wurde, gab es zunächst keine näheren Angaben. Vermutet wird, dass der Botschafter selbst um den Termin gebeten hatte.

kgp/dpa/mgb/amz
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